Die China-Strategie der EU bei kritischen Rohstoffen

Britta Kuhn

Der Critical Raw Materials Act der EU, kurz CRMA, enthält ehrgeizige Selbstversorgungsziele für wichtige, knappe Rohstoffe. Die Details erläutere ich im Wirtschaftsdienst.[1]

Extreme Rohstoff-Abhängigkeit von China[2]

Die Europäische Union hängt hochgradig von chinesischen Ausgangsstoffen für Batterien und Metallen für Magnete ab. Beides sind Grundpfeiler der Energiewende. Die weltweite Nachfrage nach diesen Rohstoffen dürfte nach einschlägigen Schätzungen ebenso zunehmen wie das Risiko, dass China seine Marktmacht als Waffe einsetzt. Bei wichtigen Seltenerdmetallen decken zum Beispiel die EU-Importe aus der Volksrepublik teilweise 100% des Bedarfs. Ihre Förderung und Verarbeitung gestaltet sich technologisch aufwändig und ökologisch problematisch. China war in der Vergangenheit bereit, beide Herausforderungen anzunehmen. Im Gegenzug folgten die Preise für Seltene Erden maßgeblich der chinesischen Förder- und Handelspolitik. Neuerdings will die EU chinabezogene Risiken senken. Das Gesetz über kritische Rohstoffe ist Teil einer umfassenden Wirtschaftssicherheitsstrategie.

Kernelemente des Critical Raw Materials Act[3]

Der CRMA unterscheidet kritische und strategische Rohstoffe. Kritische sind für die wirtschaftliche Entwicklung wichtig, strategische weisen zusätzlich ein hohes Versorgungsrisiko auf. Bis 2030 will die EU mindestens 10%, 40% bzw. 25% ihres jährlichen Verbrauchs strategischer Rohstoffe heimisch fördern, verarbeiten bzw. recyclen. Höchstens 65% sollen noch aus einem einzigen Drittland stammen. Vor allem Strategische Projekte sollen diese Quoten erreichen. Sie werden in- und außerhalb der EU von den Einzelstaaten oder der EU finanziell umfassend gefördert und binnen 27 bzw. 15 Monaten (Abbau bzw. Verarbeitung) genehmigt. Daneben plant der CRMA einheitliche und einfache Genehmigungen für alle kritischen Rohstoffe, deren umfassendes RisikomonitoringStresstests für strategische Rohstoffe und viele nationale Berichtspflichten. Besonders detailliert regelt die Verordnung das nationale Recycling. Am Rande strebt das Gesetz Einkaufsgemeinschaften und Rohstoffpartnerschaften mit Drittländern an.

Vorteile des europäischen Rohstoffgesetzes…[4]

Besonders die Rohstoffpartnerschaften könnten zur Risikostreuung und zum Friendshoring beitragen. Im Frühjahr 2024 gab es bereits neun Vereinbarungen, darunter mit Kanada, Chile und Grönland. Weitere Partner, etwa die Ukraine oder die Demokratische Republik (DR) Kongo, sollen enger an die EU gebunden werden. Speziell in Lateinamerika will die EU im Rohstoffbereich mit mehreren Ländern enger zusammenarbeiten, ebenso mit den USA. Die Strategischen Projekte des CRMA könnten daneben tatsächlich schnelle und unbürokratische Genehmigungsverfahren in der EU begünstigen, mehr Geld für Recyclingaktivitäten mobilisieren und negative Umwelt-Externalitäten beseitigen.

… und seine Nachteile[5]

Allerdings stuft der CRMA recht viele Rohstoffe als kritisch oder sogar strategisch ein. Zweitens erscheinen die Selbstversorgungsziele von 10%, 40% bzw. 25% bis 2030 undifferenziert. 40% erreicht zum Beispiel die finnische Verarbeitung schon heute bei Kobalt mühelos, wogegen die Benchmarks bei strategischen Seltenerdmetallen utopisch wirken. Unter den Rohstoffpartnern finden sich drittens fragile Staaten, während zum Beispiel das rohstoffreiche Australien fehlt. Viertens könnten Strategische Projekte an finanziellen, technologischen, sozialen und Umwelt-Problemen scheitern. Dies gilt vor allem bei Seltenen Erden, wie der Wirtschaftsdienst-Artikel detailliert erläutert. Fünftens könnten der erweiterte industriepolitische Instrumentenkasten und die neuen Berichts- und Dokumentationspflichten des CRMA ineffiziente Wirtschaftsstrukturen in der EU fördern – beispielsweise hochsubventionierte Bergwerke als Ersatz für Freihandelsabkommen. 

Fazit

Der CRMA erwähnt China kein einziges Mal. Das Land ist jedoch der sprichwörtliche Elefant im Raum und ein Derisking der EU von der Volksrepublik aus geopolitischen Gründen dringend erforderlich. Die Autarkieziele des CRMA wirken aber insbesondere bei Seltenerdmetallen unrealistisch. Stattdessen sollte die EU mehr Rohstoffpartnerschaften mit Wertepartnern eingehen.


Quellen:

[1] Britta Kuhn, Kritische Rohstoffe: Wie die EU ihre China-Abhängigkeit senken will. Wirtschaftsdienst (2024) 104(7), S. 490-496, https://www.wirtschaftsdienst.eu/inhalt/jahr/2024/heft/7/beitrag/kritische-rohstoff-e-wie-die-eu-ihre-china-abhaengigkeit-senken-will.html.

[2] Details und alle Literaturhinweise: Britta Kuhn, Kritische Rohstoffe…, a.a.O., S. 490.

[3] Details und alle Literaturhinweise: Britta Kuhn, Kritische Rohstoffe…, a.a.O., S. 490-492.

[4] Details und alle Literaturhinweise: Britta Kuhn, Kritische Rohstoffe…, a.a.O., S. 493.

[5] Details und alle Literaturhinweise: Britta Kuhn, Kritische Rohstoffe…, a.a.O., S. 494-495.

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