Argentiniens Wirtschaftsreformen

Britta Kuhn

Max Wiegands Bachelor-Thesis analysiert Mileis Wirtschaftspolitik[1]

Argentiniens Präsident Milei polarisiert. Seine Politik wird oft pauschal verurteilt oder verklärt. Die Thesis dagegen erklärt nüchtern und differenziert konkrete Maßnahmen und Vorhaben.

Mileis Ziele[2]

Javier Milei ist ein libertärer Ökonom. Er orientiert sich vor allem an Murray Rothbards Anarcho-Kapitalismus. Daneben folgt er ideologisch der Österreichischen Schule der Nationalökonomie, zu deren bekanntesten Vertretern Friedrich August von Hayek gehört. Im Kern will Argentiniens Präsident den staatlichen Einfluss radikal senken, da dieser Wirtschaftswachstum und individuelle Freiheit hemme.

Mileis politische Karriere begann erst 2021. Das Wahlprogramm seiner Partei „La Libertad Avanza“ sieht einschneidende Reformen in drei Phasen vor, darunter zunächst drastische öffentliche Ausgabensenkungen und eine Arbeitsmarktflexibilisierung. Phase 2 will u.a. die staatliche Rentenversicherung zugunsten einer privaten Altersvorsorge abbauen und die Zentralbank abschaffen – also das Geldwesen fundamental neu ordnen. In Phase 3 geht es verstärkt um eine Neuausrichtung des Gesundheits- und Bildungswesens.

Phase 1 begann unmittelbar nach Mileis Amtsantritt. Da der Präsident jedoch bisher über keine parlamentarischen Mehrheiten in Kongress und Senat verfügt und auch schon gerichtliche Niederlagen hinnehmen musste, werden erst die Parlamentswahlen im Jahr 2025 darüber entscheiden, inwieweit er seine Pläne wird umsetzen können.

Reformbeispiele[3]

Die Abschlussarbeit beschreibt konkrete Maßnahmen, die Milei bis Sommer 2024 angestoßen bzw. umgesetzt hat. Sie betreffen u.a. den Bürokratieabbau, Unternehmensprivatisierungen, das Gesundheitswesen und Anreize für Großinvestitionen in Schlüsselsektoren. Daneben geht es um das flexibilisierte Mietrecht: Vertragspartner können Miete, Vertragsdauer und weitere Klauseln neuerdings überwiegend frei vereinbaren. Auch das Arbeitsrecht wurde umfassend dereguliert. Es senkt beispielsweise für kleine Unternehmen den Verwaltungsaufwand und erlaubt Selbständigen, bis zu drei Arbeitskräfte ohne Arbeitsvertrag zu beschäftigen. Schließlich reduzierte Milei die Staatsausgaben, indem er z.B. tausende Stellen im öffentlichen Dienst, Subventionen und Transfers an Argentiniens Provinzen strich.

Chancen und Risiken der Reformen[4]

Die Thesis belegt einerseits zahlreiche positive Effekte, zu denen u.a. die gesunkene Inflation, der öffentliche Budgetüberschuss und niedrigere Mieten durch mehr Wohnungsangebot gehören. Andererseits thematisiert sie diverse Zielkonflikte, etwa zwischen Sparkurs und Investitionsanreizen, der geplanten Dollarisierung Argentiniens oder einer umfassenden Rentenreform. Auch die sozialen Auswirkungen, darunter deutlich gestiegene Armuts- und Arbeitslosenquoten, oder Risken einer Kapitalflucht durch soziale Unruhen oder Reformunsicherheiten, werden vertieft.

Ausblick: Dollarisierung Argentiniens?[5]

Was Milei mangels parlamentarischer Mehrheiten noch nicht umsetzen konnte: Währungsstabilität durch die Einführung des US-Dollars. Ähnlich wie beim Currency Board, das Argentinien von 1991 bis 2002 unterhielt, wäre eine eigene Zentralbank damit im Grunde unnötig. Allerdings sollte das Land über genügend Devisen verfügen, um über eine hinreichende Zentralbankgeldmenge, also Geldbasis, zu verfügen. Argentiniens zahlreiche Staatsbankrotte könnten damit möglicherweise der Vergangenheit angehören. Eine eigenständige Geldpolitik aber ganz sicher auch.


Quellen:

[1] Max Wiegand, „Wirtschaftsreformen in Argentinien unter Milei: Eine Bewertung der Chancen und Risiken“, Bachelor Thesis, Wiesbaden Business School der Hochschule RheinMain, 18.09.2024.

[2] Im Detail: Max Wiegand, a.a.O., Kapitel 2-3, S. 3 ff.

[3] Im Detail: Max Wiegand, a.a.O., Kapitel 4, S. 7 ff.

[4] Im Detail: Max Wiegand, a.a.O., Kapitel 5-6, S. 12 ff.

[5] Im Detail: Max Wiegand, a.a.O., Kapitel 6-7, S. 16 ff.

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