Britta Kuhn
Celvin Karstens Bachelor-Thesis analysiert Chinas Raumfahrtprogramm[1]
Im Weltall ist China inzwischen der wichtigste Rivale der USA – militärisch, wirtschaftlich, technologisch und wissenschaftlich.
„Space Power“ China[2]
Xi Jinping will die USA als führende Weltraumnation dauerhaft überholen. Erst 2003 hatte die Volksrepublik den ersten Astronauten ins All gesandt. Seit 2022 verfügt das Land über die permanent bemannte Raumstation Tiangong. Zusammen mit Russland will Chinas Raumfahrtorganisation, die National Space Administration CNSA, eine Mondforschungsstation namens International Lunar Research Station ILRS errichten. Bis 2045 ist im Orbit des Mondes eine Raumstation geplant, die F&E-Arbeiten im Rahmen einer bemannten Marsmission übernehmen soll. Zwischenziele betreffen u.a. Chinas Asteroiden-, Mars- und Jupitererkundung über die Tianwen-Missionen 2-4. Schon heute verfügt das Land über leistungsfähige Weltraumbahnhöfe im Inland. Ein weiteres Startzentrum soll bis 2028 im ostafrikanischen Dschibuti entstehen. Die Weltraumbahnhöfe dienen dem Wettlauf um Satellitenplätze. Hier dominiert bisher Elon Musks Starlink-Programm.
Militärisches und wirtschaftliches Konfliktpotenzial[3]
Rund 25% der Satelliten dienen derzeit militärischen Zwecken. Entsprechend wichtig ist aufstrebenden Weltraummächten wie China, in Antisatelliten-Technologien zu investieren. Dazu gehören z.B. Abfangraketen, Sabotage-Satelliten, Hackerangriffe und Störungen der GPS-Übertragung. In wirtschaftlicher Hinsicht geht es v.a. darum, Rohstoffe zu nutzen – z.B. Platin zu gewinnen oder Wasserstoff aus Eis in Raketen-Treibstoff umzuwandeln. All dies geschieht in einem relativ regellosen Raum: Zwar setzten sich die USA bisher grundsätzlich für eine internationale Ordnung im Weltraum ein. Allerdings wollen sie ihre Führungsrolle nicht verlieren. Die existierenden Verträge sind entsprechend lückenhaft. Der Weltraumvertrag von 1967 regelt z.B. nicht die Ressourcengewinnung, den Mondvertrag unterzeichnete keine führende Raumfahrtnation. Allein der wachsende Weltraumschrott führt aber zu immer größeren Problemen. Denn diese alten Satelliten, Trümmer- und Kleinstteile sind extrem schnell und gefährden andere Raumfahrzeuge.
Westliche Reaktionen[4]
Seit langem arbeiten die US-Raumfahrtbehörde NASA und die European Space Agency ESA in vielen Projekten zusammen. Die ESA wird von 22 Ländern finanziert und kooperiert daneben mit China in der Satellitenmission SMILE. Sogar kleine westliche Weltraum-Nationen arbeiten mit China zusammen – z.B. Schweden. Chinas CNSA untersteht zwar v.a. dem Militär, lockt aber mit Geld und Technologie. Der US-Kongress untersagte dagegen schon 2011 grundsätzlich, dass US-amerikanische mit chinesischen Akteuren kooperieren. Die USA verhinderten auch, dass sich Länder wie China oder Russland an der International Space Station ISS beteiligen. Da diese künftig den Betrieb aufgibt, gewinnt Chinas Raumstation Tiangong für experimentierwillige kleinere Länder an Bedeutung. Die Volksrepublik sucht ihrerseits für ihre technologisch ehrgeizige und teure Mondstation ILRS Verbündete jenseits Russlands.
Fazit: ”Strategischer Wettbewerb im Weltraum“[5]
Xi Jinping erweitert die Belt and Road Initiative unter Hochdruck um eine „Space Silk Road“. Inwiefern die geopolitische Rivalität zwischen China und den USA im Weltall eine weitere Dimension gewinnt, beleuchtet jenseits obiger Bachelor-Thesis u.a. ein Sammelband von Nötzold et al.[5] Vornehmlich politikwissenschaftliche Beiträge beleuchten, welche Potenziale das Weltall birgt und wo die Probleme seiner intensiveren Nutzung liegen. Neben China kommen viele weitere Weltraum-Nationen und -Themen wie Weltraumsiedlungen, Details des dortigen Ressourcenabbaus, technische Beseitigungsmöglichkeiten von Weltraumschrott und IT-Sicherheit von Weltraumsystemen zur Sprache. Herausgeberin Nötzelt thematisiert außerdem, wie sich die ausgeprägte „Anarchie“ (S. 549) der internationalen Beziehungen durch die Weltraumaktivitäten verschärft. Der Sammelband bietet somit viel Auswahl, sich selektiv mit Weltraum-Themen und daran beteiligten Ländern jenseits China zu befassen.
Quellen:
[1] Celvin Karsten, „Chinas Raumfahrt: Aktuelle Bestandsaufnahme, geoökonomische Chancen und Risiken für den Westen“, Bachelor Thesis, Wiesbaden Business School der Hochschule RheinMain, 19.09.2024.
[2] Im Detail: Celvin Karsten, a.a.O., Abschnitt 2.2, S. 3 ff.; „Space Power“ auf S. 3.
[3] Im Detail: Celvin Karsten, a.a.O., Kapitel 3, S. 7 ff.
[4] Im Detail: Celvin Karsten, a.a.O., Abschnitt 4.2, S. 13 ff.
[5] Antje Nötzold, Enrico Fels, Andrea Rotter, Moritz Brake (Hrsg.), Strategischer Wettbewerb im Weltraum. Politik, Recht, Sicherheit und Wirtschaft im All, Wiesbaden 2024. Buchbesprechung: Britta Kuhn, Wettrennen im Weltraum, in: Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen, 2024, 77(24), S. 1226.