Trump Gegen den Rest der Welt

Britta Kuhn

Was bedeutet US-Präsident Trumps Zollpolitik für die USA, Deutschland und die Weltwirtschaft? Hier wichtige Fragen und Antworten.

Warum verurteilen fast alle Volkswirte Trumps Handelspolitik?

In den Wirtschaftswissenschaften herrscht Konsens, dass vor allem Technischer Fortschritt und weltweite Arbeitsteilung die Menschheit seit 1945 reicher gemacht haben.  Weitere Errungenschaften kommen selbstverständlich dazu, z.B. Frieden und innenpolitische Stabilität. Aber allein das Wohlstandsgefälle zwischen Nord- und Südkorea zeigt, welche Rolle die wirtschaftliche Öffnung eines Landes für den materiellen Reichtum seiner Bevölkerung spielt.

Volkswirtschaftliche Modelle zeigen, dass Handel in der Regel alle Beteiligten besserstellt bzw. dass Handelsschranken zu Wohlstandsverlusten führen. Eine erste Ausnahme stellt der „Optimalzoll“ für große Volkswirtschaften dar. Hier könnte theoretisch eine große Volkswirtschaft auf Kosten der restlichen Welt von Importzöllen profitieren, soweit das Ausland seine Preise senken würde. Geschieht dies nicht und/oder die restliche Welt reagiert mit Gegenmaßnahmen, zeigt die Spieltheorie, dass alle Akteure gegenüber eine Kooperationsstrategie verlieren. Dieses Ergebnis lässt sich derzeit zwischen den USA und China beobachten. Eine zweite wichtige Ausnahme von der Freihandelsdoktrin stellt „nationale Sicherheit“ dar. Sie erscheint für die USA und die EU zunehmend wichtig, v.a. mit Blick auf China, kostet aber unter dem Strich  Produktions- und Konsummöglichkeiten.

Gewinnt oder verliert die US-Bevölkerung durch Trumps Wirtschaftspolitik?

Der US-Präsident möchte Industriearbeitsplätze zurück in die USA holen, indem er ausländische Waren verteuert. Er will das US-Handelsbilanzdefizit durch Einfuhrzölle und einen billigen US-Dollar senken. Beides verteuert US-Importe und begünstigt US-Exporte. Die wenigsten Waren lassen sich aber zu 100% in den USA fertigen – selbst langfristig. Benötigen z.B. Autoproduzenten ausländische Vorleistungen, werden diese zu teuer. US-Autohersteller entlassen dann US-Arbeitskräfte. Ein schwacher US-Dollar setzt eine schwache US-Wirtschaft und/oder eine entmachtete US-Notenbank FED voraus. Im Boom bzw. bei hoher Inflation würde die Fed nämlich die Zinsen erhöhen, um für Geldwertstabilität zu sorgen. Dies würde wiederum ausländisches Kapital anziehen, also die Nachfrage nach US-Dollar steigern und ihn aufwerten. Die US-Regierung müsste für ihre Staatsschulden höhere Zinsen zahlen und käme dem Staatsbankrott näher. Entmachtet Trump jedoch die Notenbank, könnte das internationale Kapital noch mehr Vertrauen in die US-Wirtschaft verlieren als durch einen Handelskrieg. Ein Kapitalabzug würde US-Konzerne wie Apple und Alphabet entwerten. Die überwiegend am Kapitalmarkt investierte Altersvorsorge weiter Teile der US-Bevölkerung stünde ebenso in Frage wie die Investitionsfähigkeit dieser Unternehmen. Auch sie müssten wohl Beschäftigte entlassen. Die US-Inflation stiege, soweit US-Produkte (aufgrund heimischer Wettbewerbsnachteile) und US-Importe (wegen der Zölle und des schwachen US-Dollar) teurer würden und dennoch nachgefragt würden. Sie sänke, falls die USA eine tiefe Rezession durchliefen oder extreme Produktivitätsschübe realisieren könnten. Eine Rezession wäre schlecht für den materiellen Wohlstand der Bevölkerung. Hohe Produktivitätsgewinne setzen viel Kapital, darunter Humankapital, voraus. Hier läge eine Chance, soweit es den USA weiterhin gelänge, für die besten Köpfe der Welt das attraktivste Zielland zu bleiben.

Was ändert sich für die Menschen in Deutschland?

Die USA sind Deutschlands wichtigster Absatzmarkt, z.B. für Autos, Maschinen und (im weiteren Sinne) chemisch-pharmazeutische Waren. Sie werden, je nach Reaktion der US-Importeure auf höhere Preise, nach neuen Märkten suchen oder/und verstärkt in den USA produzieren müssen. Dies setzt Fachkräfte frei, die auch in anderen Branchen gefragt sind, z.B. in der boomenden Rüstungsbranche. US-Dienstleistungen würden teurer, falls die EU hier Gegenmaßnahmen ergreift. Das ist heikel, weil die leistungsfähigen US-Tech-Firmen in Europa quasi-Monopole bekleiden. China würde daneben versuchen, Waren vom US-Zielmarkt in die EU umzuleiten. Dies würde hierzulande die Preise senken, aber weitere Industriejobs vernichten. Ob die freigesetzten Kräfte alle auf IT, Robotik bzw. (schlechter bezahlte) Pflegeberufe umschulen würden, hinge stark von den Lohnersatzleistungen und sonstigen Alternativen ab. Bislang setzte Deutschland eher auf Industrieproduktion als auf eine Dienstleistungsökonomie. Gründe lagen in höherer Widerstandsfähigkeit in Krisenzeiten (z.B. Corona) und größeren Produktivitätsschüben (z.B. Autobau versus Altenpflege), kurz: In mehr Wohlstand.

Gibt es auch Chancen für die Weltwirtschaft?

Die Handelsumlenkung von den USA und China in Richtung der rund 200 restlichen Staaten diversifiziert und senkt damit Risiken. Die EU z.B. sucht inzwischen mit größerer Kompromissbereitschaft als in vergangenen Jahrzehnten Freihandelspartner in aller Welt. Sie würden mehr Wertschöpfung in immer noch armen Ländern wie Indien bringen. Auch ein weniger US-Dollar-lastiges Weltfinanzsystems würde die globale Wirtschaft resilienter machen.

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