Britta Kuhn
Matteo Strickers Bachelor-Thesis analysiert Kosten und Nutzen für Unternehmen[1]
Industrielle Abfälle übersteigen das private Aufkommen um ein Vielfaches[2]. Immer weniger davon lässt sich „kostenlos“ entsorgen. Denn die Politik zwingt Unternehmen zunehmend, Rückstände z.B. zu vermeiden, zurückzunehmen oder erneut nutzbar zu machen. Aber rechnet sich eine derart ökologische Entsorgungslogistik auch betriebswirtschaftlich?
Kreislauforientierte Entsorgungslogistik
Das deutsche Kreislaufwirtschaftsgesetz fordert seit 2012 „Vermeidung vor Verwertung vor Entsorgung“[3]. Entsorgungslogistisch bedeutet dies: Am besten entstehen keine Abfälle oder diese nehmen qualitativ (z.B. durch weniger Schadstoffe) bzw. mengenmäßig ab. Was sich nicht vermeiden lässt, etwa eine gebrauchte Flasche, wird möglichst wiederverwendet (z.B. als Pfandflasche), oder weiterverwendet (z.B. als Kerzenhalter). Geht auch dies nicht, folgt die Verwertung: Aus dem ursprünglichen Wertstoff Altpapier z.B. wird Klopapier (Wiederverwertung), aus der Plastikflasche z.B. Kunstblumen (Weiterverwertung). Die Beseitigung ist also nur die ultima ratio, da dem Wertschöpfungsprozess dadurch Wertstoffe verloren gehen.
Betriebswirtschaftliche Kosten[4]
Kosten für Personal, Material, Abschreibungen, Zinsen, Fremdleistungen und Wagniszuschläge entstehen zunächst bei Sammeln und Sortieren: Je früher z.B. die Trennung, desto weniger Kostendegressionseffekte kann das Unternehmen in der Entsorgung realisieren. Es folgen Transport und Umschlag: Besonders teuer sind z.B. Gefahrentransporte bzw. auch hier kleine Sortiermengen, die häufiger zu größeren Mengen neu zusammenzustellen sind. Die anschließende Lagerung kann z.B. kostenträchtige unterschiedliche Temperaturanforderungen stellen, ökologisch unbedenkliche Verpackungen können im Einkauf teurer sein als schadstoffhaltige. Die kreislauforientierte Entsorgungslogistik fordert weiterhin eine kleinschrittige Auftragsabwicklung, deren Mehrkosten sich jedoch durch effiziente Informationssysteme wie RFID-Transponder senken lassen. Rückstände dürfen schließlich nicht einfach deponiert werden, sondern müssen möglichst eine Behandlung genießen, um in den Wertstoffkreislauf zurück zu gelangen.
Betriebswirtschaftlicher Nutzen am Beispiel Daimler[5]
Die Marke Mercedes-Benz der Daimler AG hat den Kreislaufgedanken wie folgt umgesetzt: Die Reduzierung von Rückständen ergibt sich z.B. durch eine enge Zusammenarbeit der Entsorgungslogistik mit anderen Unternehmensbereichen wie etwa Forschung und Entwicklung. Naturfasern senken z.B. den Schadstoffeinsatz, verbessern das Sitzklima und verringern den Kraftstoffverbrauch. Die Verwendung der Altfahrzeuge nutzt die kostenlose Rücknahmepflicht: Der Autohersteller verkauft knapp 300.000 gebrauchte Teile und garantiert ihre Qualität, was gegenüber dem Verkauf neuer Teile rentabler zu sein scheint. In der Verwertung erreicht die Mercedes-Benz GLK-Klasse z.B. eine Quote von 95%. Für seine Servicewerkstätten übernimmt der Konzern daneben weitgehend die abfallrechtlichen Pflichten, was unter anderem einer unkontrollierten lokalen Entsorgung entgegenwirkt. Schließlich werden F&E-Erfolge wie die Mitentwicklung umweltverträglicher Kraftstoffe selbstverständlich nicht nur zur Kostensenkung genutzt, sondern auch als Marketingargument.
Fazit
Strickers Thesis kann nicht allgemein beantworten, ob der betriebswirtschaftliche Nutzen einer nachhaltigen Entsorgungslogistik ihre Kosten übersteigt“[6]. Sein Praxisbeispiel der Daimler AG legt jedoch nahe, dass sich hierbei ökologische Kreativität, v.a. durch enge Zusammenarbeit mit dem F&E-Bereich, einzelwirtschaftlich rentiert. Gesamtwirtschaftlich besteht daneben kein Zweifel, dass eine kreislauforientierte Entsorgungslogistik nützlicher ist als das traditionelle Deponieren.
[1] Matteo Stricker, „Kosten und Nutzen einer Nachhaltigen Entsorgungslogistik“, Bachelor Thesis, Wiesbaden Business School der Hochschule RheinMain, 29.8.2014.
[2] Z.B. in Deutschland im Jahr 2010 um fast das Zehnfache. Die dafür anfallenden Kosten umfassten in der Vergangenheit 5-15% der gesamten Logistikkosten. Zitiert nach Matteo Stricker, a.a.O., S. 1.
[3] Vgl. §6 Abs. 1 KrWG. Zitiert nach Matteo Stricker, a.a.O., S. 7. Auch die weiteren Ausführungen beruhen auf Abschnitt 2.4 der Thesis.
[4] Matteo Stricker, a.a.O., Abschnitt 3.1.
[5] Matteo Stricker, a.a.O., Abschnitt 3.2.
[6] Matteo Stricker, a.a.O., Kap. 4.