SCHATTENBANKEN WIRKSAM REGULIEREN


Britta Kuhn

Florian Seemanns Bachelor-Thesis zeigt Vorschläge aus Politik und Wirtschaft[1]

Finanzdienstleistungen außerhalb des Bankensektors wachsen, je strenger die Politik Banken reguliert. Damit die Risiken für das weltweite Finanzsystem endlich abnehmen, müssen daher Aktivitäten statt Adressen überwacht werden. Wie kompliziert das ist und welche diametralen Meinungsverschiedenheiten v.a. politische Parteien auszeichnen, zeigt Seemanns Thesis für die EU.

Bisherige EU-Maßnahmen

Das Volumen der nicht über Banken abgewickelten, aber bankähnlichen Finanztransaktionen wuchs 2013 um 5 auf 75 Billionen US-Dollar. Das entspricht etwa 25% aller Finanzaktiva, der Hälfte der weltweiten Bankaktiva und 120% des globalen Bruttoinlandsprodukts[2]. Machen Geld-, Private-Equity-, Hedgefonds und andere Nichtbanken noch immer, was sie wollen? Nicht ganz. Wesentliche Einschränkungen in der EU ergaben sich indirekt aus der Umsetzung der Eigenkapitalvorschriften nach Basel III (CRD IV) und den Internationalen Rechnungslegungsvorschriften (IFRS), denn beide erstrecken sich zumindest teilweise auch auf Nichtbanken. Unmittelbar wurden für Investmentfonds die Informationspflichten verschärft und Anlagemöglichkeiten eingeschränkt, nämlich über die „Undertakings for Collective Investment in Transferable Securities“ (UCITS) bzw. für davon nicht erfasste Fonds über die „Alternative Investment Fund Managers Directive“ (AIFMD). Außerbörslich gehandelte Derivate reguliert schließlich die „European Market Infrastructure Regulation“ (EMIR).[3]

Vorschläge deutscher Parteien

Umfangreiche Pläne für Banken und Schattenbanken unterbreiteten deutsche Parteien vor allem im Europa-Wahlkampf[4]. Zu den konkreteren Vorschlägen seitens SPD und Linke gehören z.B. ein Finanz-TÜV für sämtliche Finanzprodukte. Die Linke möchte daneben alle Aktivitäten von Investmentbanken verbieten, die ihres Erachtens nicht der Realwirtschaft dienen. Damit könnten z.B. Hedgefonds und Kreditausfallversicherungen gemeint sein. Die Grünen streben eine Eigenkapitalquote von mindestens 10% auf sämtliche Bankaktiva an, also nicht nur auf risikogewichtete Aktiva nach Basel III. Wie die SPD befürworten sie daneben ein Trennbankensystem für Europa, während CDU und FDP an den Universalbanken festhalten. Alle drei eher linksorientierten Parteien treten daneben für eine oder mehrere unabhängige europäische Ratingagenturen ein. Die größte Übereinstimmung gibt es jedoch bei einer europäischen Finanztransaktionssteuer, die sogar die CDU befürwortet. Ansonsten wünschen vor allem SPD, Grüne und Linke Einschränkungen des Schattenbankensystems, während CDU und FDP die Eigenkapitalvorschriften gemäß Basel III und vieles weitere nur geringfügig anpassen möchten. Eine explizite Eigenkapitalquote von mindestens 25% auch für Schattenbanken fordert die AfD, wobei sie nicht präzisiert, ob sie eine risikoungewichtete Quote meint. Insgesamt fordert die AfD eine Verschärfung des Verursacherprinzips auf nationaler Ebene[5].

Fazit

Seemanns Thesis erläutert auch zahlreiche Regulierungsvorschläge von Branchenvertretern und Ökonomen. Dazu gehören, soweit oben nicht bereits erwähnt, beispielsweise Liquiditätsvorschriften, bessere Aufklärung, global standardisierte Melde- und Überwachungssysteme oder eine zentrale Gegenpartei[6]. Wichtige Impulse dürften darüber hinaus vom Financial Stability Board (FSB) kommen, das sich seit seiner Entstehung im Jahr 2009 zu einer maßgeblichen Regulierungssäule des globalen Finanzsystems entwickelt hat. Die Abschlussarbeit zeigt aber auch, dass erst kürzlich ein Mindestkapitalpuffer für Geldmarktfonds von 3% auf Wunsch von Branchenvertretern aus einem EU-Verordnungsentwurf gestrichen wurde[7]. Zwischen der Zahl der Vorschläge und ihrer Umsetzung klafft also noch eine große Lücke.


Quellen:

[1] Florian Seemann, „Wie sollten Schattenbanken reguliert werden?“, Bachelor Thesis, Wiesbaden Business School der Hochschule RheinMain, 12.3.2015.

[2] Financial Stability Board, “Global Shadow Banking Monitoring Report 2014”, 30.10.2014, S. 2 f., http://www.financialstabilityboard.org/wp-content/uploads/r_141030.pdf (Zugriff 20.3.2015). Zur genauen Definition von Schattenbanken vgl. Florian Seemann, a.a.O., S. 4-6.

[3] Zu CRD IV, IFRS, UCITS bzw. deutsch OGAW, AIFMD und EMIR: Florian Seemann, a.a.O., Kapitel 3.

[4] Im Folgenden zu allen Parteien mit Ausnahme der AfD nach Florian Seemann, a.a.O., Abschnitt 4.2. Ebenda auch zu weiteren Vorschlägen.

[5] AfD, „Mut zu Deutschland. Für ein Europa der Vielfalt. Programm der Alternative für Deutschland (AfD) für die Wahl zum Europäischen Parlament am 25. Mai 2014“, v.a. S. 7, https://www.alternativefuer.de/wp-content/uploads/2014/03/Europaprogramm-der-AfD.pdf (Zugriff 20.3.2015).

[6] Florian Seemann, a.a.O., Abschnitte 4.1 und 4.3.; Die Idee einer zentralen Gegenpartei stammt von Jens Weidmann (Abschnitt 4.3), die anderen Vorschläge von den Branchenvertretern (Abschnitt 4.1).

[7] Florian Seemann, a.a.O., S. 12.

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