SEGEN UND FLUCH DER SHARE ECONOMY


Britta Kuhn

Jessica Buschs Bachelor-Thesis analysiert, was Airbnb mit Städten macht[1]

Was haben Berlin, New York und San Francisco gemeinsam? Alle drei sind gerade bei jungen Menschen sehr beliebt, aber ziemlich teuer. Hilft Airbnb armen Dauermietern, Touristen und Städten? Oder schadet die Internet-Plattform Wohnungsmärkten, Beherbergungsgewerbe und Kommunen? Und wie reagiert die Politik?

Hilft Airbnb armen Dauermietern, Touristen und Städten?

Studien, die das Vermittlungsportal selbst in Auftrag gab, sehen – wenig erstaunlich – großen Nutzen für alle drei betrachteten Städte: Die Share Economy schaffe zusätzliche Einkünfte für Wohnungseigentümer und -mieter. Erst durch die Nebeneinnahmen könnten sich viele Bewohner das teure Leben in Berlin, New York oder San Francisco leisten. Zweitens ermögliche die digitale Zimmervermittlung gerade Reisenden mit wenig Geld längere oder überhaupt einen Aufenthalt. Auch seien Privatunterkünfte für viele Touristen überhaupt erst attraktiv. Die Kommunen schließlich würden durch neue Gäste zusätzliche touristische Einnahmen generieren[2]. Diese Untersuchungen nehmen also an, dass Airbnb das bestehende Hotelgewerbe insgesamt ergänzt.

Schadet Airbnb lokalen Märkten und der Stadtverwaltung?

Untersuchungen der Städte und naturgemäß der konkurrierenden Hotelverbände kommen zu anderen Ergebnissen: Airbnb verdränge Langfrist-Vermietungen und das bestehende Hotelgewerbe zumindest teilweise. Die Kurz- statt Dauervermietung verschärfe nämlich einerseits die Wohnungsnot und mache Wohnraum immer teurer. Die professionellen Anbieter andererseits würden benachteiligt, da sie Steuern abführen und zahlreiche Regulierungen einhalten müssten. Die Kommunen schließlich erlitten Steuerausfälle[3]. Tatsächlich entzieht sich die Plattform bisher jeder Verantwortung, so dass die meisten über Airbnb zusammengebrachten Vertragspartner keine Steuern zahlen und Sicherheitsstandards oder Hygienevorschriften, anders als in Hotels, keine Rolle spielen[4].

Berlin, New York und San Francisco reagieren unterschiedlich

In Berlin beschränkt seit Ende 2013 ein Wortungetüm namens „Zweckentfremdungsverbotsgesetz“ die kurzfristige Vermietung privater Wohnungen. Das Bezirksamt muss zustimmen, darf verdächtige Wohnungen betreten und Strafen bis zu 50.000 Euro verhängen. In Berlin-Mitte existiert sogar ein Sonder-Einsatzkommando. New York verbietet schon seit 2010 Wohnungsvermietungen in Mehrfamilienhäusern unter 30 Tagen, soweit der Dauermieter abwesend ist. Über ein vergleichsweise liberales Gesetz speziell für Airbnb verfügt seit Februar 2015 San Francisco: Unterkünfte dürfen bis zu 90 Tage jährlich vermietet werden, wenn der Dauerbewohner abwesend ist. Anders als in New York dürfte hier eine leerstehende Wohnung also im Extremfall 90 Mal Touristen für nur eine Nacht beherbergen. Allerdings muss sich der Vermieter in einem Stadtregister eintragen, 14% Hotelsteuer über Airbnb abführen und eine Haftpflichtversicherung vorweisen. Andernfalls drohen ihm auch in San Francisco Geldstrafen oder eine Registerentfernung[5].

Fazit

Busch bezweifelt, dass die Städte ihre eigenen Gesetze wirksam umsetzen können, zumal sich Airbnb bisher recht erfolgreich vor Verantwortung schützt und kaum Erfolgszahlen veröffentlicht[6]. Wird sich also die Zimmervermittlung trotz städtischer Regulierungsversuche zunehmend auf Airbnb verlagern? Dafür spräche seine Quasi-Monopolstellung, die anderen Internetriesen wie Facebook ähnelt. Touristische Zimmersuche könnte sich aber auch wie Partnervermittlung entwickeln: Hier existieren zahlreiche digitale Plattformen für verschiedene Bedürfnisse nebeneinander. Und selbst manch ein „digital native“ lernt Traumfrau oder -mann zunächst offline kennen. Das Prinzip „Augen auf in der Echt-Welt“ könnte auch im Beherbergungswesen für positive Überraschungen sorgen.


Quellen:

[1] Jessica Busch, „Regulierungsanforderungen für die Share Economy am Beispiel des Beherbergungsgewerbes“, Bachelor Thesis, Wiesbaden Business School der Hochschule RheinMain, 13.3.2015.

[2] Jessica Busch, a.a.O., Abschnitt 3.3.3 zu Berlin, 3.4.3 zu New York und 3.5.1 zu San Francisco.

[3] Jessica Busch, a.a.O., Abschnitt 3.2 allgemein, 3.3.1 zu Berlin, 3.4.1 zu New York und 3.5.1 zu San Francisco.

[4] Jessica Busch, a.a.O., v.a. Abschnitt 3.1 und Kapitel 4.

[5] Jessica Busch, a.a.O., Abschnitt 3.3.2 zu Berlin, 3.4.2 zu New York und 3.5.2 zu San Francisco.

[6] Jessica Busch, a.a.O., v.a. Kapitel 2 und 4.

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