WAS BRINGT CSR IN DER EUROPÄISCHEN PELZBRANCHE?

Britta Kuhn

Marina Hechlers Bachelor Thesis entlarvt unzureichende Umwelt- und Tierschutzstandards[1]

Echtpelz-Applikationen finden in der EU durchaus Käufer. Denen ist nämlich oft nicht bewusst, dass sie Echtfell erwerben[2]. Dabei gibt es ausgefeilte Corporate Social Responsibility (CSR)-Strategien und Schutzgesetze. Die nur leider ihre Wirkung verfehlen.

CSR, Labels und Gesetze in der europäischen Echtfell-Industrie[3]

Europa ist der zweitgrößte Pelzproduzent der Welt – nach Asien und vor Eurasien mit Russland, der Türkei, der Ukraine und Kasachstan[4]. Da die Modebranche bzw. ihre Kunden inzwischen eine transparente Wertschöpfungskette erwarten, zertifiziert z.B. das wichtige finnische Auktionshaus Saga Furs alle liefernden Pelzfarmen und unterhält Rückverfolgbarkeitssysteme. Die International Fur Trade Federation IFTF vergibt daneben seit 2008 Origin Assured (OA)-Warenzeichen. Es informiert Konsumenten darüber, ob der Pelz aus einem Land kommt, in dem Verordnungen oder Standards für die Haltung von Pelztieren existieren. Schließlich regelt eine unmittelbar bindende Textilkennzeichnungsverordnung der EU seit 2014, dass „Nichttextile Teile tierischen Ursprungs in Textilerzeugnissen“ auszuweisen sind[5].

Warum die Maßnahmen leerlaufen[6]

Nur einige Beispiele, die in der Abschlussarbeit vertieft werden: (1) Saga Furs unterstellt in seiner Umweltbilanz, dass Echtpelze fünfmal so lange getragen werden wie Kunstpelze. Tatsächlich gelten in der Modebranche eher Tragezeiten von einem Jahr für beide Fellarten. Aber selbst wenn man z.B. unterstellt, dass Pelzmäntel 30 Jahre lang genutzt werden und alle anderen Mäntel sechs Jahre, belasten echte Pelze die Umwelt in sämtlichen Szenarien mit Abstand am meisten. (2) Tatsächlich sind die meisten finnischen Pelzfarmen zertifiziert. Allerdings fand Animals Defender International an 30 untersuchten Standorten oft Tiere in völlig vernachlässigtem Zustand. (3) Das OA-Label zeigt nur, ob der Pelz aus einem Land kommt, in dem Standards zum Pelztierschutz existieren. Ob diese eingehalten werden, garantiert die Kennzeichnung keineswegs. (4) Die EU-Verordnung gilt für „Erzeugnisse mit einem Gewichtsanteil an Textilfasern von mindestens 80%“[7]. Das bedeutet, dass ausgerechnet Produkte, die mehr als 20% tierischer Inhalte aufweisen, nicht kennzeichnungspflichtig sind. Auch Echtfelle an Schuhen und Accessoires erfasst die Verordnung nicht.

Alles verbieten?[8]

In Deutschland steht die Schließung der nur noch sechs Nerzfarmen zur Diskussion, um dem grundgesetzlich verankerten Tierschutz Rechnung zu tragen. Für Finnland dürfte dagegen eher eine Biogasanlage realistisch sein, die mit Gülle der Felltiere betrieben und somit Phosphor- und Stickstoffemissionen verringern würde. Das OA-Label sollte nur bekommen, wer die Standards wirklich einhält – dies könnten unabhängige Kontrolleure bis hin zu offenen Farmen gewährleisten. Gesetzlich könnte sich die EU an den USA und der Schweiz orientieren: US-Kleidung muss den Namen des Tieres und weitere Herkunftsinformationen enthalten, sobald sie nur teilweise mit Pelz besetzt ist. Konsumenten in der Schweiz erfahren neben der Tierart, wie es gehalten und getötet wurde. Die Thesis-Verfasserin schließlich findet, „dass nur die Freiheit für ein Tier artgerecht sein kann.“

Quellen:

[1] Marina Hechler, „CSR-Strategien in der Pelzbranche: Eine kritische Analyse“, Bachelor Thesis, Wiesbaden Business School der Hochschule RheinMain, 9.3.2017.

[2] Marina Hechler, a.a.O., S. 1.

[3] Soweit nicht anders angegeben: Marina Hechler, a.a.O., Kapitel 3.

[4] Marina Hechler, a.a.O., S. 1.

[5] Art. 12 Abs. 1 TextilKennzV.

[6] Soweit nicht anders angegeben: Marina Hechler, a.a.O., Kapitel 4.

[7] Art. 2 Abs. 2a TextilKennzV.

[8] Soweit nicht anders angegeben: Marina Hechler, a.a.O., Kapitel 5.

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