BESSER WOHNEN IN DEN STÄDTEN

Britta Kuhn

Die weltweite Urbanisierung schreitet voran – es wird eng. Architekten, Städtebauer, Designer, Soziologen und viele weitere Vordenker planen gegen Käfighaltung an. Hier einige Beispiele.

Auslaufmodell „Einfamilienhaus im Grünen“

Im Jahr 2050 werden schätzungsweise zwei Drittel der Weltbevölkerung in Städten leben. In Deutschland lag der urbane Anteil schon 2014 bei 80 Prozent[1]. Das führt nicht nur im Straßenverkehr zu Überfüllungsproblemen: Im Internet finden sich eindrucksvolle Bilder von Hongkonger Wohnkäfigen. In reichen Ländern schießen besser ausgestattete Mikro-Appartements aus dem Boden. Boomende Metropolen wie Frankfurt benötigen vor allem für immer mehr Single-Haushalte dringend Wohnraum. Aber auch Familien wollen kaum noch auf dem Land wohnen, wenn beide Partner berufstätig und langer Autofahrten überdrüssig sind. „Alle wollen in der Stadt leben und vermissen dann die Natur. Wie kann man beides miteinander verbinden?“, brachte das Zeitmagazin schon vor vier Jahren die Herausforderung auf den Punkt[2].

Grün in der Stadt wohnen: Innovative Projektbeispiele

Als städtebaulich führend gilt Kopenhagen: Parkhäuser verschwinden unter Grünanlagen. Fahrradwege wurden derart konsequent ausgebaut, dass die Stadt in puncto Verkehrswende inzwischen als weltweites Vorbild gilt. Ein ökologischer Gebäudekomplex, der einsamen Großstädtern außerdem Gemeinschaftserlebnisse ermöglicht, sind die „8 House“ im Bezirk Ørestad.

In Mailand wurden die beiden Wohntürme „Bosco Verticale“ berühmt. In dem senkrecht begrünten Vorzeigeprojekt wohnt es sich zwar teuer, aber preiswertere Nachbildungen erscheinen nicht ausgeschlossen. Weitere bekannte Beispiele finden sich in Hamburg (HafenCity mit Baakenpark)[2]. Aber auch das besonders beengte Singapur geht neue Wege: Schon im Jahr 2007 entstand dort ein umweltfreundliches Hochhaus mit hängenden Gärten. Jüngst machte der reiche Stadtstaat daneben mit einer Obergrenze für den Autoverkehr Schlagzeilen und investiert kräftig in ein preiswertes Nahverkehrssystem[3]. In Wien entstand Ende 2013 ein Wohnprojekt mit 40 Einheiten, das die Bewohner gemeinschaftlich und möglichst ökologisch gestalten[4].

Die in London geplante Garden Bridge scheiterte dagegen. Der New Yorker Stelzenpark „Pier 55“[5] ist ebenso wenig vollendet wie die chinesische Lingang New City. Bis 2020 soll hier eine vollständig neue, kreisrunde Millionenstadt nach traditionellem europäischen Vorbild entstehen[6].

Fazit und Weiterlesen

Moderne Stadtentwicklung ist ein großes, interdisziplinäres Zukunftsthema, das dieser Blog nur rudimentär anschneiden kann. Es reicht von A wie Architektur über M wie Mobilitätsmanagement bis Z wie Zusammenleben. Zum Weiterlesen eignet sich der moderne Klassiker „Städte für Menschen“ des Dänen Jan Gehls, der seit 2015 auch in deutscher Sprache vorliegt. Von Niklas Maak erschien 2014 eine Streitschrift gegen das Einfamilienhaus im Grünen namens „Wohnkomplex. Warum wir andere Häuser brauchen“[7]. Interessant sind auch die Einlassungen von Friedrich von Borries[8]. Das Wiener Wohnprojekt schließlich beschrieb 2017 bewusst subjektiv seine Bewohnerin Barbara Nothegger in „Sieben Stock Dorf“.

Quellen:

[1] United Nations – Department of Economic and Social Affairs (UNDESA), zitiert nach: dpa Globus, 1.5.2015, „Vom Land in die Städte“.

[2] Elisabeth Bauer, Tillmann Prüfer und Annabel Wahba: „Im grünen Bereich“. Zeitmagazin Nr. 14 vom 1.4.2014, S. 26-30. Das wörtliche Zitat befindet sich auf S. 26.

[3] Vgl. Roman Hollenstein: „Fliegende Gärten und hängende Schiffe“. Neue Zürcher Zeitung vom 9.3.2013, https://www.nzz.ch/fliegende-schiffe-und-haengende-gaerten-1.18043170 bzw. Christoph Hein: „Singapur will eine Obergrenze für Autos“. Frankfurter Allgemeine Wirtschaft vom 13.11.2017, http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/singapur-fuehrt-eine-obergrenze-fuer-autos-ein-15290272.html (Zugriff beides: 29.3.2018).

[4] Details: einzueins architektur, http://www.einszueins.at/project/wohnprojekt-wien/ (Zugriff: 29.3.2018).

[5] Zu London vgl. z.B. „London’s Garden Bridge project officially abandoned“. bbc news vom 14.8.2017, http://www.bbc.com/news/uk-england-london-40921373. Zu New York vgl. z.B. Leanna Garfield: „Billionaire Barry Diller has plans to build a $250 million floating park in New York City, and the designs look incredible“. Business Insider Deutschland, 15.12.2017, http://www.businessinsider.de/new-york-city-pier-55-floating-park-diller-island-2017-12?r=US&IR=T (Zugriff beide: 29.3.2018).

[6] Vgl. https://www.german-architects.com/sv/projects/view/lingang-new-city (Zugriff: 29.3.2018).

[7] Eine kritische Besprechung des Buches findet sich auf dem Blog http://www.verbietet-das-bauen.de/wohnkomplex/ (Zugriff: 29.3.2018).

[8] Z.B. Interview mit Carola Mensch in Zeit Online vom 13.8.2013: „Mehrspurige Straßen brauchen wir nicht“, http://www.zeit.de/zeit-wissen/2013/05/friedrich-von-borries-interview-nachhaltigkeit-verkehr (Zugriff: 29.3.2018).

Werbung

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..

%d Bloggern gefällt das: