WIE WIRKT EINWANDERUNG TATSÄCHLICH?

 

Britta Kuhn

Am 7.9.2018 fasste ich auf diesem Blog die wirtschaftliche Migrationstheorie zusammen. Nun folgt der Realitäts-Check für die Immigrationsländer. Die Einzelheiten finden sich in der Zeitschrift WiSt von Mai 2019[1].

Konkurrenz vor allem für ehemalige Einwanderer

Die Löhne geringqualifizierter Einheimischer sinken durch Einwanderung meistens nur geringfügig oder gar nicht. Neue Einwanderer ersetzen vor allem wenig ausgebildete ehemalige Einwanderer, Einheimische übernehmen komplementäre Aufgaben. Lohn und Ausbildung der Nachkommen von Einwanderern unterscheiden sich stark. Der Anteil hochqualifizierter Immigranten ist in klassischen englischsprachigen Zielländern bedeutend, in neueren Destinationen wesentlich niedriger. Der Unternehmeranteil der Einwanderer ist höher als in der lokalen Bevölkerung.

Demografische und fiskalische Entspannung?

Vorübergehende Einwanderung ermöglicht eine kurzfristige demografische Entspannung. Langfristige Effekte sind von der kulturellen Herkunft der Immigranten abhängig und insgesamt eher unwahrscheinlich. Die Fiskaleffekte der Immigration sind unklar, gelten aber in der akademischen Literatur als gering. Politiknahe Denkfabriken wie die OECD kommen zu positiveren Ergebnissen. Umstritten sind die Langfristfolgen der Flüchtlingswelle von 2015 für die öffentlichen Kassen.

Mehr Wirtschaftswachstum oder institutionelle Überforderung?

Das Bruttoinlandsprodukt profitiert bestenfalls schwach von Einwanderung, das pro-Kopf-Einkommen sinkt tendenziell. Die kulturelle Herausforderung steigt, je heterogener die Herkunft. Einwandererkinder sind sehr unterschiedlich integriert. Lohndiskriminierung trifft in westlichen Industrieländern nicht Immigranten an sich, sondern Nicht-Weiße und deren Nachkommen. Einwanderung kann das politische Spektrum dauerhaft verändern.

Weiterer Forschungsbedarf

Wenig bekannt ist bisher die Einwanderung in Länder außerhalb der OECD. Viele Studien konzentrieren nämlich auf reiche Zielländer. Angesichts weltweit zunehmender Wanderung, auch zwischen armen Ländern, steht die Migrationsforschung also noch am Anfang.

 

Quellen:

[1] Britta Kuhn, „Einwanderung: Empirische Effekte internationaler Migration“, in: WiSt – Wirtschaftswissenschaftliches Studium, 48. Jg. (2019), S. 30–36.

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