Britta Kuhn
Ciara Schmidts Bachelor-Thesis beleuchtet den sozioökonomischen Status[1]
Mehr noch als Beruf oder Einkommen fördert Bildung der Eltern die lebenslange Gesundheit von Kindern. Das zeigen Studien zu Übergewicht und Adipositas. Wie werden Kinder aus bildungsfernen Elternhäusern gesünder?
Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS)[2]
Das Robert-Koch-Institut untersuchte in drei Erhebungswellen 3- bis 17-Jährige. Ihr sozioökonomischer Status ergab sich aus Angaben der Eltern zu ihrer Schulbildung, beruflichen Qualifikation und Einkommenssituation. Je niedriger dieser Status, desto mehr Kinder und Jugendliche litten aufgrund ungünstiger Ernährungs- und sonstiger Verhaltensmuster an Übergewicht bzw. Adipositas. Den größten Einfluss spielte dabei die Bildung des Elternhauses. Interessante Details der zweiten Erhebungswelle: Das Bewegungsverhalten lag in allen Statusgruppen gleichermaßen weit unter den WHO-Empfehlungen. Auch der Alkoholkonsum von Mädchen unterschied sich nicht signifikant. Die Jungen tranken in der unteren und mittleren Statusgruppe sogar weniger als in der oberen.
Health Behaviour in School-aged Children-Studie (HBSC)[3]
Diese von der WHO geförderte Studie befragte Schulkinder der Klassen 5, 7 und 9. In den sozioökonomischen Status flossen unter anderem Vermögensgüter wie ein eigenes Zimmer ein. Auch hier waren Kinder aus statusniedrigen Elternhäusern eher übergewichtig bzw. adipös, die Jungen noch mehr als die Mädchen. Interessante Details auch hier: Die statusniedrigeren Kinder tranken seltener Alkohol, unterschieden sich aber beim Rauchverhalten nicht vom Rest.
Kiel Obesity Prevention Study (KOPS)[4]
Diese schon etwas ältere Studie analysierte dreimal über jeweils sechs Jahre Übergewicht und Adipositas bei 6- bis 14-Jährigen. Auch sie erhob neben Einkommen und Beruf der Eltern weitere Daten zur familiären Situation, z.B. die Wohnlage. Demnach wiesen Kinder aus benachteiligten Wohnbezirken häufiger Übergewicht oder Adipositas auf. Unterschiedlich wirkten so genannte Interventionsmaßnahmen: Aufklärung über gesunde Ernährung in Schulen und Familien senkte nur in der oberen Statusgruppe das Übergewicht. Familiäre Aufklärung wirkte in der niedrigen Statusgruppe sogar kontraproduktiv!
Fazit: Aufklärung verbessern
Die Thesis quantifiziert umfassend, welche langfristigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Kosten ein ungesunder Lebens- und Ernährungsstil in Jugend und Kindheit nach sich zieht.[5] Neben einer höheren Besteuerung und besseren Kennzeichnung ungesunder Nahrungsmittel empfehlen daher alle Fachleute, mehr und besser aufzuklären – und zwar so früh wie möglich. Nicht nur in Kindertagesstätten und Schulen, sondern auch auf gesamtgesellschaftlicher Ebene.[6] Die Verfasserin fordert insofern in ihrem Fazit einen Public Health-Ansatz. Und betont die herausragende Rolle der elterlichen Bildung – neben Einkommen und beruflicher Stellung – für das langfristige gesundheitliche Wohl von Kindern und Jugendlichen.[7]
[1] Ciara Schmidt, „Einfluss des sozioökonomischen Status auf die Gesundheitschancen von Kindern und Jugendlichen in Deutschland“, Bachelor Thesis, Wiesbaden Business School der Hochschule RheinMain, 26.8.2020.
[2] Im Detail: Ciara Schmidt, a.a.O., Abschnitt 3.1.
[3] Im Detail: Ciara Schmidt, a.a.O., Abschnitt 3.2.
[4] Im Detail: Ciara Schmidt, a.a.O., Abschnitt 3.3.
[5] Im Detail: Ciara Schmidt, a.a.O., Kapitel 4.
[6] Im Detail: Ciara Schmidt, a.a.O., Kapitel 5.
[7] Im Detail: Ciara Schmidt, a.a.O., Kapitel 6.