von Hannes Hoberg
Sorgenkind Großstadt
Im Jahr 2011 stieg die Zahl verkehrstoter Fußgänger gegenüber 2010 bundesweit um 25 Prozent, so die traurige Statistik[1]. „Nur noch vier von zehn EG-Bürger(inne)n halten die Folgen des Auto-Verkehrs in den Städten für erträglich, ein Drittel stuft sie als schwer erträglich ein und ein Viertel hält die Folgen sogar für überhaupt nicht mehr erträglich.“[2] Viele Großstädter leiden an psychischen Störungen. So fanden Forscher der Universität Heidelberg heraus, dass Großstädter in 40 Prozent der Fälle deutlich anfälliger für Angststörungen und Depressionen sind als etwa die Landbevölkerung[3]. Der typische Großstadtlärm, hauptsächlich verursacht durch das hohe Verkehrsaufkommen, wird als eine mögliche Ursache für Schlafstörungen und Depressionen genannt[4]. Doch nicht nur die Lärmbelastung in den Großstädten greift die Gesundheit der Menschen an. Die laut EU-Recht zulässigen Grenzwerte für die Feinstaubbelastung und das Aufkommen an Stickoxiden werden in vielen deutschen Städten regelmäßig massiv überschritten. Diese Überschreitungen können unter anderem zu einer Verstärkung von Allergiesymptomen, Atemwegsbeschwerden, unter Einfluss von UV-Strahlung zu einer erhöhten Ozonbildung und zu saurem Regen führen. Hauptverantwortlich für die Stickoxid-Emissionen ist auch hier der Verkehr, mit einem Anteil von rund 96 Prozent[5]. Neben der direkten gesundheitlichen Belastung der Stadtbewohner und den Einflüssen auf die Umwelt, wirkt sich die „autokonforme“ Stadt ebenso negativ auf das Stadtbild aus. Millionen Tonnen Blech und undurchsichtige Schilderwälle säumen die Straßen. Auch Häuserfassaden und historische Gebäude leiden unter der permanenten Abgasverschmutzung durch den Verkehr.
Immer mehr Menschen sind von diesen Problemen betroffen. Seit Jahrzenten nimmt die weltweite Verstädterung zu. Das Jahr 2007 markierte dabei einen Wendepunkt. Seither leben erstmals mehr Menschen in Städten als auf dem Land. Bis zum Jahr 2030 soll der Anteil der Stadtbevölkerung vorausichtlich auf 60% steigen. Im Jahr 2050 sollen sogar mehr als zwei Drittel der Menschheit in Städten leben[6]. Im Folgenden werden deshalb unter dem Leitgedanken des „qualitativen Wachstums für die Mehrheit“ konkrete Vorschläge zur Verbesserung der Lage in den Innenstädten formuliert.
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