Weniger Lärm durch „Anstups-Politik“?


Praxisprojekt von Julia Comprix, Jonas Eisele, Philipp Hofsäß, Nora Kettenring und Sandra Zang

Philipp Hofsäß

Ein Praxisprojekt des Bachelor-Studiengangs Business Administration der Wiesbaden Business School untersuchte im Wintersemester 2012/2013, inwiefern „Nudges“, also veränderte Entscheidungsstrukturen, die Lautstärke in Lehrveranstaltungen reduzieren könnten. Hierzu wurde eine wissenschaftliche Experimentreihe durchgeführt.

Anstupsen ist in. Regierungschefs wie Barack Obama und James Cameron beriefen jüngst Gremien, die verhaltensökonomische Erkenntnisse in praktische Politikempfehlungen verwandeln sollen. Denn zwischen Ge- und Verboten einerseits und reinem Laissez-Faire andererseits kann die „Entscheidungsarchitektur“ individueller Handlungen dergestalt verändert werden, dass bessere Problemlösungen entstehen – für jeden Einzelnen, aber auch für die Gesellschaft insgesamt. Die Fachliteratur bezeichnet diese veränderten Entscheidungsstrukturen als „Nudges“ (Englisch für „anschubsen“).

Das Praxisprojekt unter Leitung von Prof. Dr. Bernhard Heidel und im Auftrag von Prof. Dr. Britta Kuhn führte zunächst eine „Nullmessung“ durch (Ausgangswert der Lärmsituation im Laissez-Faire-Zustand), anschließend einen „weichen Nudge“ (mündliche Ermahnungen des Dozenten in Bezug auf die Lautstärke), danach einen stärkeren Nudge (im Vorlesungssaal aufgehängte Plakate, die Ruhe auf verschiedene Weisen forderten, vgl. Abbildung 1) und schließlich einen harten Anstoß (Lärmampel, die bei Grenzwertüberschreitungen ein akustisches und optisches Signal ausgab, vgl. Abbildung 2).

Abbildung 1: Plakat

Plakate

Abbildung 2: Lärmampel[1]

Lärmampel

Die Wirkung der Maßnahmen wurde mit einem geeichten Dezibelmesser dokumentiert und kontrolliert. Neben diesen objektiven Messungen wurden die Studierenden auch mehrfach nach ihren Einschätzungen zur Lärmsituation befragt (subjektive Messung). Was zunächst einfach geklungen hatte, erforderte bei der Umsetzung wochenlange Vorbereitungen und immer wieder kreative Lösungen. So durften zum Beispiel die Studierenden nicht wissen, dass nicht die Lautstärke während der Vorlesung den eigentlichen Untersuchungsgegenstand darstellte, sondern ihr Verhalten in Bezug auf die einzelnen  Versuchsanordnungen. Die unbedingt erforderliche enge Zusammenarbeit aller Gruppenmitglieder untereinander und mit den beteiligten Professoren verdeutlichten darüber hinaus, wie wichtig gute Kommunikation ist.

Im Ergebnis konnte die Hypothese, dass sich Studierende der Wiesbaden Business School durch die getesteten Anschubs-Maßnahmen in Vorlesungen ruhiger verhalten, nicht bestätigt werden. Dennoch stellte dieser Praxistest für die beteiligten Gruppenmitglieder und den Fachbereich eine Bereicherung dar: Für die Studierenden, weil sie lernten, Theorie in Praxis zu verwandeln; für die Professoren, weil sie erfuhren, dass die Persönlichkeit des Dozenten stärker über Ruhe oder Lärm im Hörsaal entscheidet als Aufforderungen, Plakate oder Lärmampeln.


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Quellen:
[1] http://commons.wikimedia.org/wiki/File:L%C3%A4rmampel.jpg (Zugriff 08.06.2013)

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