Schick: Machtwirtschaft nein danke!

Britta Kuhn

Gelebte Wirtschaftspolitik dient nicht dem Gemeinwohl, sondern wirtschaftlichen Sonderinteressen, schreibt der Bundestagsabgeordnete Gerhard Schick. Das Buch des grünen Wirtschaftsexperten plädiert für mehr Bürgerbeteiligung, liest sich gut, bietet Einblick in den Politikbetrieb und ist sauber recherchiert[1].

Zentraler Konflikt: Gemeinwohl versus Machtwirtschaft

Nur der Laie denkt, bei Wirtschaftspolitik gehe es vor allem um „Staat versus Markt“. Der Realpolitiker Schick dagegen zeigt: Tatsächlich dreht sich alles um gesamtgesellschaftliche versus einzelwirtschaftliche Interessen[2]. Während Bundeskanzlerin Merkel mit marktfreundlicher Rhetorik milliardenschwere Privilegien für einflussreiche Lobbygruppen verschleiere, rufe die politische Linke reflexartig nach dem Staat. Dieser sei aber mit seinen Schützlingen intensiv verflochten: So gehe zum Beispiel die Finanzaufsicht, die ab Mitte der neunziger Jahre neugestaltet worden war, vornehmlich auf den Einfluss von Großbanken und ihrer Interessenverbände zurück[3]. Auch stünden im Berliner Politikbetrieb einem Abgeordneten durchschnittlich acht Lobbyisten gegenüber: „Und dann kommen fette Finanzmarkt- und Steuergesetze auf meinen Tisch, die ich allein mit meinem kleinen Team in ihren Auswirkungen häufig gar nicht erfassen kann. Da lauert schnell die Gefahr, dass man dankbar auf die Erläuterungen von personell gut ausgestatteten Interessenverbänden zurückgreift.“[4]

Beispiel Finanzmärkte

Deutschland mag ein Volk von Fußball-Experten sein. Für Finanzdienstleistungen gilt dies keineswegs. Schick betreibt hier lobenswerte Aufklärungsarbeit, indem er unter anderem die Ursachen finanzieller Instabilität, Gefahren von Größe oder Vernetzung, negative Verteilungseffekte expandierender Finanzmärkte sowie das Scheitern staatlicher Wirtschaftsakteure und -aufseher veranschaulicht[5]. Seine Erkenntnisse beruhen durchweg auf aktueller und einschlägiger wissenschaftlicher Literatur – bemerkenswert für einen aktiven Parlamentarier.

Markt und Staat besser kontrollieren, Demokratie zurückerobern

Das Buch möchte normale Bürger wachrütteln. Wirtschaft habe den Menschen zu dienen, ökonomische Macht sei zu reduzieren, staatlicher Einfluss müsse kontrolliert und durch bürgerliches Engagement das Gemeinwohl zurückerobert werden[6]. Für diese Ziele bietet der Autor zahlreiche historische und aktuelle Beispiele, von denen insbesondere die Geschichte der US-amerikanischen Bürgerproteste Ende des 19. Jahrhunderts im heutigen Deutschland weniger bekannt sein dürften[7]. In seinem leidenschaftlichen Schlussappell freut sich der Politiker „ernsthaft“ auf unsere E-Mails (schick@bundestag.de) und hofft auf „mehr Menschen, die sich selbst als Teil der Gemeinschaft verstehen und es leid sind, dass die Schlauen sich auf Kosten der Vielen aus der Solidargemeinschaft ausklinken.“ [8]

 


Quellen:

[1] Gerhard Schick, „MACHTWIRTSCHAFT NEIN DANKE! Für eine Wirtschaft, die uns allen dient“, Frankfurt 2014.

[2] Gerhard Schick, a.a.O., Einleitung, v.a. S. 8.

[3] Gerhard Schick, a.a.O., Kapitel 5, v.a. S. 131 bzw. S. 121.

[4] Gerhard Schick, a.a.O., Kapitel 8, Zitat S. 206 f.

[5] Gerhard Schick, a.a.O., Kapitel 3-4.

[6] Gerhard Schick, a.a.O., S. Kapitel 6-9.

[7] Gerhard Schick, a.a.O., S. 230 ff.

[8] Gerhard Schick, a.a.O., S. 260.

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