TRANSPARENZ FÜR INTERNATIONALE ORGANISATIONEN!

Britta Kuhn

Was genau macht eigentlich die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ)? Das wissen nur Experten. Dabei ist sie überaus mächtig – wie so viele Internationale Organisationen (IOs). Demokratische Kontrolle? Fehlanzeige. Was muss sich ändern?

Der BIZ-„Geheimbund“

Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich wurde 1930 zur Abwicklung der deutschen Reparationszahlungen in Basel gegründet. Heute unterstützt sie ihre 60 Mitglieds-Zentralbanken im Streben nach Währungs- und Finanzstabilität. Wichtige Ausschüsse des globalen Finanzsystems kommen in Basel zusammen: Beispielsweise wurden das Regulierungswerk „Basel I-III“ bei der BIZ entwickelt (Basel Committee on Banking Supervision), die Weltfinanzarchitektur insgesamt vorangetrieben (Committee on the Global Financial System), und das Financial Stability Board (FSB) gegründet, das nationale Finanzbehörden und Regulierungsmaßnahmen koordiniert. Weitere Ausschüsse und Unterorganisationen betreffen das Versicherungswesen und den internationalen Zahlungsverkehr zwischen Zentral- und Geschäftsbanken. Schließlich tauschen sich in der BIZ alle zwei Monate die 18 wichtigsten Notenbank-Chefs der Welt beim Abendessen aus (Economic Consultative Committee), am nächsten Tag stoßen zwölf weitere Zentalbankpräsidenten dazu (Global Economy Meeting), und alle 60 Mitglieder kommen ebenfalls formlos zusammen (All Govenors‘ Meeting)[1],[2],[3].

Kritiker bezeichnen die BIZ als „eine undurchsichtige, elitäre, antidemokratische und unzeitgemäße Institution“, die in den frühen 1930er Jahren hätte geschlossen werden sollen – nämlich nach dem Ende der deutschen Reparationszahlungen – anstatt „ den Holocaust und die Kriegsmaschine der Nazis“ zu finanzieren[4]. Warum also ist die Institution heute mächtiger denn je?

Internationale Organisationen sterben nie…

Schon vor über 40 Jahren formulierte der liberale Ökonom Gottfried Haberler: “international institutions may change their names or lose their function but they never die.” Bemerkenswerterweise kommt noch heute die schärfste Kritik am Machtgebaren Internationaler Organisationen eher von radikalliberalen Ökonomen wie Roland Vaubel als von globalisierungskritischen Nichtregierungsorganisationen (NGOs)[5]. Besonders deutlich wird Haberlers Beobachtung auch am Beispiel des Internationalen Währungsfonds (IWF): Er wurde zur Betreuung des Bretton-Woods-Systems fester Wechselkurse gegründet, suchte sich nach dessen Niedergang jedoch schnell neue Aufgaben in der Finanzierung von Schwellenländern, überlebte manch eine kritische Diskussion (z.B. zur Fusion mit der „Schwesterorganisation“ Weltbank) und ist seit Ausbrauch der globalen Finanzkrise bzw. der anschließenden europäischen Schuldenkrise überall involviert. Warum kam es nicht zu seiner Schließung, wo er noch Anfang 2007 als „Turkish Monetary Fonds“ verhöhnt worden war?[6] Liegt es in erster Linie an den exzellenten Gehaltspaketen Internationaler Organisationen, die neben einer vernachlässigbaren oder nicht existenten Einkommensbesteuerung weitere Vorteile wie kostenlose und unschlagbare Kinderbetreuungsmöglichkeiten, Gebührenübernahme in ansonsten unbezahlbaren internationalen Schulen sowie großzügigste Pensionsansprüche bieten?[7] Oder ist es vor allem politisch gewollt, diese Exekutivorgane ohne demokratische Kontrolle ungestört agieren zu lassen?

…sondern gewinnen immer mehr Macht

Für die zweite Interpretation sprechen die umfassenden Interventionen der „Troika“: Die Funktionäre aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und IWF geben in Griechenland und Portugal das Regierungshandeln im Detail vor, ohne dass ihr Wirken durch die EU-Verträge gedeckt ist. Eine unbedingt sehenswerte ARTE-Dokumentation verdeutlicht diesen Sachverhalt in atemberaubender Weise[8]. Selbstverständlich lässt sich dieses Vorgehen als „flexibel“ würdigen. Mit demokratischer Legitimation hat es jedoch nichts zu tun.

Fazit: Rechenschaftspflicht für BIZ, Troika & Co.!

Der britische Journalist Lebor fordert für die BIZ Transparenz, Rechenschaftspflicht und soziale Verantwortung[9]. Sein allgemeinverständliches und durchaus polemisches Buch ist ein Weckruf für NGOs und politisch interessierte Menschen, also ein wichtiger erster Schritt zu mehr Transparenz. Gegner mögen argumentieren, dass der Geist, einmal aus der Flasche entlassen, nicht mehr zu kontrollieren sei. Die Kontroverse um das Freihandelsabkommen TTIP gibt ihnen Recht. Aber kann die Alternative wirklich der Deckmantel sein? Oder eine ehrliche und umfassende Aufklärung, die weder Raum für irrationale Ängste bietet, noch für politisches Gestalten jenseits des Wählerwillens?


Quellen:

[1] Adam Lebor, “Der Turm zu Basel. BIZ – Die Bank der Banken und Ihre dunkle Geschichte“, Rotpunktverlag 2014, S. 19 (Gründung), 21-24 (Aufgaben und Ausschüsse), 25 (politische Unauffälligkeit), 12 (informelle Treffen der Notenbankpräsidenten). Original: „Tower of Basel: The Shadowy History of the Secret Bank that Runs the World“, New York 2013.

[2] Detailliert zu BIZ und FSB auch Deutsche Bundesbank, „Weltweite Organisationen und Gremien im Bereich von Währung und Wirtschaft“, März 2013, S. 121-155, https://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Veroeffentlichungen/Buch_Broschuere_Flyer/weltweite_organisationen_und_gremien.pdf?__blob=publicationFile (Zugriff 2.3.2015). Dort auch ausführlich: IWF, G20, OECD und Weltbankgruppe.

[3] Zu aktuellen Mitglieds-Zentralbanken, Mitarbeitern und Gewinnen vgl. BIS, “84th Annual Report, 1 April 2013-31 March 2014”, Basel, 29.6.2014, v.a. p. 163 und 246. http://www.bis.org/publ/arpdf/ar2014e.pdf (Zugriff 2.3.2015). Zu den zweimonatlichen Treffen bei der BIZ vgl. auch BIS, „Bimonthly meetings“, http://www.bis.org/about/bimonthly_meetings.htm (Zugriff 2.3.2015).

[4] Adam Lebor, a.a.O., S. 300.

[5] Gottfried Haberler, “Economic Growth and Stability”, Los Angeles, 1974, S. 156. Zitiert nach Roland Vaubel, „Principal-agent problems in international organizations”, Rev Int Org (2006) 1: 125–138 , p. 127, http://www.axel-dreher.de/Vaubel%202006%20RIO.pdf (Zugriff 2.3.2015).

[6] The Economist, „The IMF: Funding the fund”, 1.2.2007, http://www.economist.com/node/8637836 (Zugriff 2.3.2015).

[7] Persönliche Kenntnisse der Autorin aus Europäischer Zentralbank, Internationalem Währungsfonds und BIZ. Bei der BIZ z.B. beträgt die Einkommensbesteuerung 0% und das frühstmögliche Pensionseintrittsalter wurde seinerzeit auf Druck des ehemaligen US-Notenbankpräsidenten Alan Greenspan von 45 auf 50 Jahre angehoben. Siehe allgemein z.B. U.S. Department of State’s Bureau of International Organization Affairs (IO), International Organization Careers, “Grades, Salaries, and Benefits”, ohne Datum, https://iocareers.state.gov/Main/Content/Page/grades-salaries-and-benefits (Zugriff 2.3.2015): „Since countries generally do not tax their nationals’ income from international organizations, most international organizations (including UN agencies) set salaries on a „net-of-tax“ basis. In addition, they provide other allowances that vary according to individual circumstances and the cost-of-living at the work location.”

[8] Herausragend detailliert, allerdings einseitig nachfrageorientiert: Arpad Bondy und Harald Schumann, „Macht ohne Kontrolle – Die Troika“, Arte 24.2.2015, http://www.arte.tv/guide/de/051622-000/macht-ohne-kontrolle-die-troika (Zugriff 1.3.2015).

[9] Adam Lebor, a.a.O., z.B. S. 311.

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