Britta Kuhn
Hannah Reinickes Bachelor Thesis benennt Chancen und Risiken automatisierter Geldanlage[1]
Robo-Advice steckt noch in den Kinderschuhen. Genau das Richtige für Digital Natives? Oder doch zu riskant und unpersönlich?
Dynamische Marktentwicklung
2015 verwalteten Robo-Advisors in Deutschland mehr als 170 Mio. Euro. Schon 2017 sollen es bereits 662 Mio. Euro werden. Der größte deutsche Anbieter Scalable Capital erzielte bis Juni 2017 über 250 Mio. Euro[2]. In den USA erreichten schon Ende 2016 die führenden Fintechs Betterment und Wealthfront insgesamt über 11 Mrd. USD. Der etablierte Vermögensverwalter Vanguard war da aber schon mit 47 Mrd. USD an den Pionieren vorbeigezogen[3]. Keine Frage also: Für Geldanalage per Computer gibt es einen Markt.
Chancen für Kunden und Anbieter…[4]
Aus Nutzersicht überzeugen vor allem wesentlich niedrigere Kosten der Vermögensverwaltung. Daneben ist der Robo-Advisor jederzeit verfügbar, neigt mangels Emotionen nicht zu irrationalen Entscheidungen, greift schnell auf umfangreiche und aktuelle Informationen zu und dokumentiert jeden Beratungsschritt. Die Anbieter tragen zwar zunächst hohe Entwicklungskosten für die Algorithmen, danach aber kaum noch laufende Kosten. Insbesondere müssen Sie weniger Berater bezahlen und fortbilden, können riesige Datenmengen ihrer Kunden auswerten und breite Bevölkerungsschichten mit wenig Startkapital akquirieren. Etablierte Asset Manager sind schließlich in der Lage, die individuelle Beratung um Robo-Advice zu ergänzen.
…aber auch Risiken[5]
Die Anleger müssen vor allem damit rechnen, dass ihre Daten für viele weitere Zwecke genutzt werden, intern und extern. Außerdem können sie Fehler machen, weil sie z.B. Informationen nicht verstehen oder falsche Daten eingeben. Schließlich müssen sie mit Programmierfehlern rechnen oder ihre Bedürfnisse passen einfach nicht zum Standardangebot. Die Anbieter kämpfen – neben den bereits erwähnten Startkosten – insbesondere mit einer inzwischen strengen Finanzmarktregulierung, wechselbereiten Kunden und Kleinanlegern, die selbst auf Dauer nicht rentabel werden.
Fazit
Welche Anbieter werden bei der Geldanlage per Computer das Rennen machen: Startups? Oder traditionelle Finanzdienstleister, die ihr Geschäftsmodell erweitern? Laut Thesis sind die traditionellen Vermögensverwalter jedenfalls keinesfalls grundlegend gefährdet[6]. Ich selbst wage sogar folgende Prognose: Traditionelle Vermögensverwalter wie Blackrock und Vanguard, aber auch soziale Netzwerke wie Facebook und WeChat werden den Markt für Robo-Advice unter sich aufteilen. Die Vermögensverwalter haben beste Chancen, weil sie kurzfristig wesentlich mehr Kapital als kleine Fintechs aufbringen können, um auch individuell passende Algorithmen anzubieten. Daneben ist ihr Cross-Selling-Potenzial riesig, z.B. hinsichtlich des Vertriebs privater Altersvorsorge. Die umfangreichen Kundendaten bleiben dabei im Haus, was sensible Nutzer schätzen werden. Aber auch sozialen Netzwerke werden in die Vermögensberatung einsteigen. Sie werten schon heute umfangreiche Daten ihrer Nutzer aus und bieten Bankdienstleistungen des täglichen Bedarfs[7].
Quellen:
[1] Hannah Reinicke, „Geldanlage per Computer: Chancen, Risiken und Marktpotenzial“, Bachelor Thesis, Wiesbaden Business School der Hochschule RheinMain, 1.9.2017.
[2] Soweit nicht anders angegeben: Zitiert nach Hannah Reinicke, a.a.O., S. 3 (deutscher Markt; Basis Dorfleitner/Hornuf 2016, „FinTech-Markt in Deutschland“) bzw. S. 10 (Scalable Capital).
[3] Tim Kanning, „Facebook und Apple werden Banken gefährlich“, in Frankfurter Allgemeine Finanzen vom 22.8.2017, http://www.faz.net/aktuell/finanzen/digital-bezahlen/facebook-und-apple-werden-den-banken-gefaehrlich-15161813.html (Abruf 11.9.2017).
[4] Soweit nicht anders angegeben: Hannah Reinicke, a.a.O., Kap. 3.
[5] Soweit nicht anders angegeben: Hannah Reinicke, a.a.O., Kap. 4.
[6] Hannah Reinicke, a.a.O., S. 16.
[7] Vgl. z.B. Tim Kanning, a.a.O (Facebook) bzw. z.B. IOSCO, Research Report on Financial Technologies, February 2017 (WeChat).