Öffentliche Verwaltung per Blockchain

Britta Kuhn

Laura Jalali Motlaghs Bachelor-Thesis analysiert, was im Ausland funktioniert[1]

Auf dem Weg zum E-Government experimentieren viele Länder mit Blockchain-Projekten – darunter EstlandMalta und Georgien. Was könnte die deutsche Verwaltung von den Vorreitern lernen? 

Sicher und transparent, aber in der deutschen Verwaltung rar[2]

Als verteiltes, unabänderliches und chronologisches Datenregister schützt die Blockchain vor Manipulation und fördert das Vertrauen. Beides ist in der öffentlichen Verwaltung besonders wichtig. Deshalb bietet die Blockchain dort weitreichende Anwendungsmöglichkeiten – etwa bei Gebührenverwaltung, Eigentumsregistern, Herkunftsnachweisen und elektronischen Wahlen. Auch die deutsche Regierung prüft, ob sich per Blockchain beispielsweise das Asylverfahren, Zeugnis- und Grundbuchwesen verbessern ließen. So könnte künftig die „Föderale Blockchain-Infrastruktur Asyl“, kurz FLORA, die isolierte Datenverwaltung ablösen. Zeugnisse würden nicht mehr eigenhändig digitalisiert und unsicher verschickt, sondern in einem bundesweiten, dezentralen Netzwerk ausfallsicher und verschlüsselt hinterlegt. Auch ein Blockchain-basiertes Grundbuchwesen wäre in der Lage, Eigentum wesentlich schneller zu übertragen als der heutige Flickenteppich aus unterschiedlichsten Verwaltungsstellen und Beteiligten. 

E-Government in Estland[3]

Estland ist Europas Digitalisierungs-Vorreiter: Zugang zum Internet gilt dort seit der Jahrtausendwende als Menschenrecht und die elektronische Unterschrift ist der handschriftlichen seither gleichgestellt. Nach landesweiten Cyber-Angriffen im Jahr 2007 erhöhten sich die IT-Sicherheitsanforderungen deutlich. 2012 führte die Regierung das erste Blockchain-basierte Erbschaftsregister ein. Daneben kommunizieren estnische Behörden vor allem über die Meta-Plattform X-Road, die mehrere Datenbanken in einer vereint. Die Blockchain stellt dabei eine schlüssellose Signaturinfrastruktur (KSI) bereit, die Authentizität, Zeit und Identität belegt. Die estnische KSI-Blockchain sichert derzeit Gesundheits- Eigentums- Unternehmens-, Erbschafts- und Gerichtsverfahrensregister.

Zeugnisvalidierung in Malta[4]

Auf Malta lassen sich Bildungsabschlüsse seit 2017 mit der Blockcerts-App des MIT (Massachusetts Insitute of Technology) und eines Startups (Learning Machine Group) verifizieren. Dank Blockchain kann die App Zertifikate in einer einzigen Anwenderoberfläche ausstellen, prüfen und speichern. Dabei ist sichergestellt, dass die Absolventen die volle Kontrolle über ihre Zeugnisse behalten. Der offene Blockcerts-Standard ermöglicht es, künftig weitere Prüfungssysteme wie Ausweiskontrollen einzubinden. Auch Geburts- und Heiratsurkunden oder Herkunftsnachweise von Geflüchteten ließen sich damit erstellen.

Digitale Grundbuch-Zertifikate in Georgien[5]

Georgien nutzt seit 2016 kryptografische Belege im Grundbuchwesen. Wie in Malta stammt die Technologie von einem externen Anbieter (der Bitfury Group). Die Regierung will mit Hilfe der Blockchain Korruption und Rechtsstreit rund um den Grundbesitz verringern. Die digitalen Zertifikate sollen daneben das Vertrauen der Bürger in staatliche Dienste erhöhen. Bisher gilt das Verfahren für bestehenden Besitz. Es soll auf weitere Leistungen wie Abrisse, Hypotheken und Vermietungen ausgedehnt werden.

Prioritäten, Arbeitsteilung und Erfolgsfaktoren[6]

Die Abschlussarbeit vergleicht, wie ausgewählte andere Länder die Blockchain in ihre Verwaltungsprozesse einbinden. Während sie beispielsweise in Estland vornehmlich dazu dient, zusätzliche Sicherheit zu schaffen, soll sie in Deutschland insbesondere den administrativen Aufwand senken. Daneben bindet das Ausland externe IT-Anbieterstärker ein, während die Bundesregierung FLORA vornehmlich in Eigenregie entwickelt. Weitere Unterschiede liegen in zentraler versus dezentraler Projektorganisation: So ist in Malta ausschließlich das Bildungs- und Beschäftigungsministerium zuständig, während sich in Deutschland 15 Kooperationsstellen die Verantwortung teilen. Dabei sind klare Organisationsstrukturen für den Erfolg öffentlicher Blockchain-Projekte ebenso wichtig wie der Ansatz, Bestehendes eher zu ergänzen als es direkt zu ersetzen, argumentiert die Verfasserin. Auch könne Deutschland bewährte Lösungen des Auslands und der dortigen externen Partner nutzen, anstatt alle Anwendungen zeit- und kostenintensiv selbst zu entwickeln.   


Quellen:

[1] Laura Jalali Motlagh, „Blockchain-Strategie im öffentlichen Sektor: Was Deutschland von ausländischen Benchmarks lernen kann“, Bachelor Thesis, Wiesbaden Business School der Hochschule RheinMain, 5.9.2022.

[2] Im Detail: Laura Jalali Motlagh, a.a.O., Kapitel 2-3.1, S. 2 ff.

[3] Im Detail: Laura Jalali Motlagh, a.a.O., Abschnitt 3.2, S. 7 f.

[4] Im Detail: Laura Jalali Motlagh, a.a.O., Abschnitt 3.3, S. 9 f. 

[5] Im Detail: Laura Jalali Motlagh, a.a.O., Abschnitt 3.4, S. 10 ff.

[6] Im Detail: Laura Jalali Motlagh, a.a.O., Kapitel 4-5, S. 13 ff.

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