China bei Spakowski, Economy, Noesselt und Weber

Britta Kuhn

In der Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen bespreche ich „China seit 1978“ von Nicola Spakowski im Detail.[1]Hier stelle ich das Buch und weitere China-Titel von Elisabeth EconomyNele Noesselt und Isabella Weber in Kürze vor.

Super Buch für alle: Nicola Spakowski[2]

„China seit 1978“ erklärt kompakt, verständlich und differenziert, wie das moderne China politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich funktioniert. Ein Leuchtturm in der Flut aktueller China-Beiträge, der sich für eine breite Leserschaft eignet. Die Autorin will die postmaoistische Volksrepublik in ihrer Komplexität würdigen, anstatt das Land auf Xi Jinpings China zu reduzieren. Kapitel 2 zeigt, wie fünf „Führungsgenerationen“ seit Maos Zedongs Tod zwischen Reform- und Repressionsphasen wechselten. Kapitel 3 erklärt den Machterhalt der Kommunistischen Partei vor allem durch ein Wohlstandsversprechen und wachsenden Nationalismus. Kapitel 4 vertieft die chinesische Wachstumsstrategie, Kapitel 5 Xis zunehmend konfrontative Außenpolitik. In Kapitel 6 geht es um die gewaltigen sozioökonomischen Herausforderungen der Volksrepublik. Als Stichworte seien die Wanderarbeitskräfte, der Immobilienmarkt, die Bevölkerungsentwicklung und ethnische Konflikte genannt. Kapitel 7 demontiert gängige China-Erklärungen, die zu einfach sind.

Politikwissenschaften aus US-Sicht: Elisabeth Economy[3]

“The world according to China” analysiert Chinas Aufstieg als soft und hard power. Der Herausgeber Council of Foreign Relations ist ein unabhängiger US-Think Tank. Das Buch fasst die Volksrepublik eher als Gefahr auf. Diese Perspektive bietet aus deutscher Sicht viel Neues. In der englisch-sprachigen Literatur wird Economys Werk bereits häufig zitiert. Seine Quellen beruhen allerdings eher auf (unwissenschaftlichen) Zeitungs- und Zeitschriftenbeiträgen als auf Fachaufsätzen. Inhaltlich besonders interessant: Erstens der Zusammenhang zwischen Projekten der Belt and Road Initiative einerseits und dem politischen Abstimmungsverhalten der Zielländer hinsichtlich Chinas Politik in Xinjiang oder dem Südchinesischen Meer andererseits (Table 2.2, S. 60). Zweitens Kapitel 5 über die Digitale Seidenstraße. Drittens Kapitel 6 zu Chinas Aufstieg zum globalen Standardsetzer in der IT-Sicherheit, bei technologischen Normen und hinsichtlich der kommerziellen Arktis-Ausbeutung. In ihrem Schlusskapitel 7 warnt Economy auf Seite 225, dass Chinas Außenpolitik wenig Raum für die USA und ihre Verbündeten lasse, wenn es um deren Werte und Normen gehe. Deshalb sei es wichtig, dem chinesischen Ansatz etwas entgegenzusetzen.

Politikwissenschaften als Lehrbuch: Nele Noesselt[4]

„Chinese Politics“ ist ein sehr ausführliches Lehrbuch der Sinologie und Politologie. Für Ökonomen eignet sich die pdf-Version als Nachschlagewerk, wenn es um spezielle Fragen wie den Taiwan-Konflikt oder die internationale Rolle des Renminbis geht. Die Autorin geht dabei weit in die Geschichte zurück und schildert viele Details, beispielsweise hinsichtlich des Renminbis Vorschläge der chinesischen Zentralbank zu einer Reorganisation der Weltfinanzordnung. Wer also nicht an Aktualität gebunden ist, findet hier viel Neues. Interessant sind zum Beispiel die Abschnitte zu Chinas Beziehungen mit afrikanischen und lateinamerikanischen Ländern. Insgesamt handelt es sich um ein sehr akademisches Buch, mit allen Vor- und Nachteilen wie umfangreichen weiterführenden Quellen bzw. schwer verdaulichen „Bleiwüsten“.

Institutionenökonomik: Isabella Weber[5]

“How China Escaped Shock Therapy” beruht auf Webers Doktorarbeit, über 50 Experteninterviews und profunder Literaturrecherche. Es zeichnet Chinas Ringen um den besten wirtschaftlichen Reformweg nach. Die Spannungen zwischen neoliberalen Vertretern eines „Big Bangs“ und graduellen Reformern seit Mao Zedongs Tod werden deutlich. Teil I untersucht auch Liberalisierungsvorbilder im Westen, etwa Westdeutschlands Weg nach dem zweiten Weltkrieg. Insgesamt eignet sich dieses fundierte Wirtschaftsbuch vornehmlich für Spezialinteressierte der Institutionenökonomik.


Quellen:

[1] Britta Kuhn, China kompakt, verständlich und differenziert. Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen (2023) 76(6), S. 48.

[2] Nicola Spakowski, China seit 1978. Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, W. Kohlhammer, Stuttgart 2022.

[3] Elizabeth C. Economy, The world according to China, A Council of Foreign Relations Book, Polity Press, Medford 2022.

[4] Nele Noesselt, Chinese Politics. National and Global Dimensions. Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2021.

[5] Isabella M. Weber, HOW CHINA ESCAPED SHOCK THERAPY: The market Reform Debate, Routledge, London und New York 2021.

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