Volkswirtschaftliche Kosten toxischer Männlichkeit

Britta Kuhn

Auf dem blog interdisziplinäre geschlechterforschung bespreche ich ausführlich das Buch „Was Männer kosten“ von Boris von Heesen.[1] Warum sind Blog und Buch lesenswert?

Männliche Verwüstung weltweit – das Gegenteil von Wertschöpfung

Amokläufe, Staatsterrorismus, Angriffskriege und Menschenhandel in ganz großem Stil – Männer sind hier führend. Auch für failed states, also völliges Staatsversagen, tragen sie meist die Verantwortung. Eine Ursache dafür ist Korruption, im Volksmund zurecht Vetternwirtschaft genannt – Kusinen spielen dabei praktisch keine Rolle. Wie aber lassen sich BIP-Verluste, die auf männlichen Über- und Fehlreaktionen beruhen, künftig eindämmen? Indem man mit „echten Kerlen“ wie Putin im Sitzkreis diskutiert? Oder diesen Entscheidern in Geldeinheiten vorrechnet, welche BIP- und damit persönlichen Wohlstandsgewinne auch für sie drin wären, wenn manch eines ihrer Verhaltensmuster in die Mottenkiste käme? „Was Männer kosten“ versucht beides. 

Von Heesen: 63,5 Mrd. Euro messbare Kosten p.a. nur in Deutschland…

Teil 1 des Buches addiert vermeidbare Euro männlichen Fehlverhaltens.[2] Fast 70% bzw. 44 Mrd. € entfallen darauf, dass Männer unter (noch) mehr Süchten als Frauen leiden. Die weiteren Kosten schlüssele ich in der Buchbesprechung auf.[2] Methodisch geht der Verfasser sorgfältig und transparent vor: In der Regel summiert er direkt zurechenbare Kosten, zum Beispiel für Gefängnisaufenthalte pro Häftling und Tag. Ausnahmsweise kommen indirekte Kosten dazu, etwa konkrete Einkommensausfälle für Frauen und Sozialversicherungen, die aus Arbeitsunfähigkeit nach häuslicher Gewalt resultieren. Von volkswirtschaftlichen Gesamtschäden zieht von Heesen Kosten ab, die Frauen verursacht haben. Durchweg legt er seine Quellen offen, erläutert deren Logik und weist sogar auf Grenzen und mögliche Probleme seiner Darstellung hin. Aus ökonomischer Sicht ist dieser Teil ergiebig, weil er quantifiziert. Außerdem erlaubt er es, die Kosten dank plakativer Abbildungen und Vergleiche wie „Das Suchtverhalten von Männern verursacht Kosten in Höhe des BIP von Serbien“[3] selbst ohne Detail-Lektüre zu erfassen. 

…und zahllose weitere Kosten, die völlig unnötig wären

Teil 2 ergänzt Nebenwirkungen, die sich mit von Heesens Methodik nicht direkt messen lassen. Dazu gehören z.B. die kürzere Lebenserwartung von Männern und sämtliche Formen der Misogynie (vulgo Frauenhass). Wobei der Autor über den deutschen Tellerrand schaut – so thematisiert ein Kapitel die weltweit verbreitete Homophobie im Männersport und erläutert, wie sich dort patriarchalische Seilschaften zulasten des Gemeinwohls bereichern. Teil 3bietet Ideen, wie sich zerstörerisches männliches Verhalten überwinden ließe. Darunter findet sich allerdings viel Bekanntes, etwa Abbildungen zur ungleichen Geschlechterverteilung nach Branchen und Studiengängen. Spätestens bei den hier zahllosen Appellen, etwa zur Überwindung stereotyper Geschlechtervorstellungen, fragt sich: Welcher traditionelle männliche Entscheider liest das? Lustig wird es in diesem Teil aber, wenn der Verfasser aus seiner beruflichen Praxis berichtet. Der gelernte Wirtschaftswissenschaftler arbeitet nämlich für einen Jugendhilfeträger und daneben als Gewaltberater für Männer und Jungen. Auf „#MeToo“ erntete er nur die Reaktion „Me-was?“.


Quellen:

[1] Boris von Heesen, Was Männer kosten. Der hohe Preis des Patriarchats. München, 2022.

[2] Vgl. Boris von Heesen, a.a.O., v.a. Tab. 6 auf S. 116 oder Einzelaggregationen je Kapitel in Teil I.

[3] Vgl. Boris von Heesen, a.a.O., S. 63.

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