Archiv der Kategorie: Arbeitsbedingungen

Einkaufsfreier Sonntag: Raus aus dem Hamsterrad

von Prof. Dr. Britta Kuhn

Sonntag in Deutschland – fast ein Tag wie jeder andere

Sonntags geht in Deutschland die Post ab. Der Freizeitstress hat Hochkonjunktur. Schnell ins Kino zum Brunchen? Oder doch lieber im Wellness-Bad relaxen? Wo sind diesen Sonntag die Läden geöffnet? Da können wir endlich mal wieder entspannt shoppen gehen. Um unseren langweiligen Alltag zu unterbrechen. Um irgendwie das Gefühl zu bekommen, der Sonntag wäre ein besonderer Tag.

An der Sonntagsruhe scheiden sich die Geister. Die einen verdammen sie als Friedhofsruhe, die mündige BürgerInnen in ihrer Entscheidungsfreiheit beschränke. Die anderen verweisen auf die gesellschaftlichen Kosten, die mit einer völligen Aufgabe dieser Ruhe einhergingen. Tatsache ist: Der Sonntag steht in Deutschland mächtig unter Druck. Zwar erklärte ihn schon Kaiser Konstantin vor fast 2000 Jahren zum öffentlichen Ruhetag[1] und auch das Grundgesetz schützt ihn in Artikel 140 in Verbindung mit Artikel 139 der Weimarer Verfassung als Tag „der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung“. Seit den 1990er Jahren werden aber die Ladenöffnungszeiten und damit auch das Arbeitszeitrecht zunehmend liberalisiert. So stieß ein einflussreiches Gutachten des Münchener ifo Instituts eine Lockerung des werktäglichen Ladenschlusses ab 1996 an. Diese Lockerung bewertete selbiges ifo Institut drei Jahre später als Erfolg und empfahl unter anderem, die Öffnungszeiten von montags bis samstags völlig freizugeben, bundesweit an allen Adventssonntagen den Verkauf zu erlauben und die Entscheidung über den Sonntags- und Feiertagsverkauf den Kommunen zu übertragen. Seit 2006 liegt der Ladenschluss nun überwiegend in Länderhand und der werktägliche Verkauf ist fast überall freigegeben[2].

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Flexible Arbeitszeitmodelle: Mehrwert für alle

von Prof. Dr. Britta Kuhn

Arbeitszeitflexibilisierung in Deutschland unterentwickelt

Alle reden davon, aber nur wenige tun es. Am wenigsten Männer und Führungskräfte: Weniger arbeiten, um mehr Zeit für die persönliche Entwicklung und die Familie zu haben. Dabei weisen immer mehr Studien auf die Vorteile flexiblerer Arbeitszeiten für Deutschland hin. Im Mittelpunkt der Argumentation steht regelmäßig die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, von der vor allem Mütter profitieren würden – so weit, so offensichtlich. Schon weniger herumgesprochen hat sich die Tatsache, dass auch Männer, die Unternehmen und das gesamtwirtschaftliche Wachstum gewinnen würden.

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Wege zu besseren Arbeitsplatzbedingungen

von Marc Fensterseifer

Ungenutztes Potenzial

Quelle: Andrea Damm (pixelio.de)

In der Debatte um die Arbeitsbedingungen in deutschen Unternehmen führt heutzutage kein Weg mehr am Begriff „Generation Burnout“ vorbei. Die Krankheitsfälle aufgrund psychischer Erkrankungen haben seit 1997 um 70 Prozent zugenommen und machen annähernd zehn Prozent der Fehltage insgesamt aus[1]. Was genau verursacht die hohe Belastung der Beschäftigten? Ein entscheidender Grund liegt in der permanenten Auseinandersetzung mit beruflichen Inhalten. Smartphones und Laptops sorgen für ständige Erreichbarkeit und Mobilität. Auch am Wochenende oder im Urlaub sind geschäftliche Daten stets abrufbar und der mobilen Kommunikation mit Kunden oder Kollegen sind kaum noch Grenzen gesetzt. In einer europaweiten Onlinebefragung gaben 61 Prozent der befragten Teilnehmer an, auch im Urlaub ihre beruflichen E-Mails zu lesen oder zu beantworten. Hauptgrund dafür sei es, vermeiden zu wollen im Anschluss an die freien Tage von angesammelter Arbeit überwältigt zu werden[2]. Die Folge dieser immerwährenden Konfrontation mit der geschäftlichen Tätigkeit äußern sich in einem hohen Fluktuationsgrad und demotivierten Mitarbeitern. Doch welche Konsequenzen hat das für die Unternehmen? Das Markt- und Meinungsforschungsinstitut Gallup fand heraus, dass nur 13 Prozent der deutschen Arbeitnehmer hoch motiviert am Arbeitsplatz tätig sind. Die überwiegende Mehrheit mache nur noch „Dienst nach Vorschrift“ und 21 Prozent der Beschäftigten hätten bereits innerlich gekündigt[3]. Das dadurch entstehende ungenutzte Potenzial soll zu einem gesamtwirtschaftlichen Schaden von schätzungsweise 109 Milliarden Euro jährlich führen[4].

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