Britta Kuhn
Ende April diskutierten Prof. Dr. Helge Peukert, der grüne Europa-Abgeordnete Sven Giegold und ich auf unterschiedlichen Veranstaltungen mit Studierenden der Wiesbaden Business School über Wege zu einem stabileren Finanzsystem. Trotz unterschiedlicher Schwerpunkte wurde klar: Wir brauchen wenige einfache Regeln statt des bisherigen Regulierungs-Dschungels. Und: Informierte Bürger würden die Politiker gegenüber großen Finanzdienstleistern mutiger machen.
Verursacherprinzip statt Systemrelevanz
Auch Jahre nach Ausbruch von Finanz- und europäischer Staatsschuldenkrise können wichtige Finanzdienstleister auf staatliche Rettung hoffen. Vom marktwirtschaftlichen Verursacherprinzip kann keine Rede sein. Um die Systemrelevanz, also das Erpressungspotenzial großer oder stark verwobener Institute gegenüber der Gesellschaft zu senken, schlägt Peukert vor allem Größenlimits und Vollgeld vor[1], Giegold plädiert insbesondere für mindestens 10% Eigenkapital auf alle Bilanzposten[2] und ich selbst für sogar 30% echtes Eigenkapital, auch für „Schattenbanken“ ohne offizielle Banklizenz[3]. Allein mit diesen Maßnahmen könnte man sich vieles andere ersparen.
Wenig Einfaches statt viel Kompliziertes
Warum aber entstanden seit 2009 unzählige Finanzmarkt-Regulierungen, deren Interdependenz nicht einmal Experten durchschauen und die das eigentliche Problem nicht lösen? Es herrschte Einigkeit, dass es sich um Beruhigungspillen für die überwiegend uninformierte Bevölkerung handelt: Je komplexer, desto intransparenter, desto weniger Einschnitte für die betroffene Industrie. Wie also ließe sich eine Finanzmarkt-Politik erreichen, die dem Gemeinwohl dient?
Information und Mut statt Ignoranz und Lobbyismus
Der durchschnittliche Deutsche verfügt über wenig bis keine finanzökonomische Bildung. Hier gilt es anzusetzen: Durch vermehrte öffentliche Diskussionsveranstaltungen, qualifizierten Wirtschaftsunterricht in allgemeinbildenden Schulen und Medienberichte jenseits der Fachpresse. Informierte Bürger sind kritisch und werden von der Politik beachtet, wie der deutsche Atomausstieg eindrucksvoll zeigte. Der aktuelle Lobbyismus ist dagegen gerade auf europäischer Ebene grenzenlos. Was wohl Bundeskanzlerin Merkel tun würde, wenn ein paar „Wutbürger“ statt in Stuttgart in Brüssel auflaufen würden?
[1] Vgl. ausführlich auf diesem Blog: https://besser-wachsen.com/2014/04/25/was-verhindert-finanzkrisen-wirklich/#more-847; https://besser-wachsen.com/2014/03/28/vollgeld-verhindert-finanzkrisen/.
[2] Giegolds ausführliches Maßnahmenpaket wird demnächst innerhalb der Wiesbaden Business School elektronisch bereitgestellt oder sollte bei seinem Büro direkt angefordert werden.
[3] Vgl. ausführlich: Britta Kuhn, „Besser wachsen. Maßnahmen für eine Bevölkerungsmehrheit“. Aachen 2014, S. 35-45. Ähnlich auf diesem Blog: https://besser-wachsen.com/2014/01/24/bankenregulierung-20-30-eigenkapital-fur-alle-statt-vorschriftendschungel/#more-713.