Britta Kuhn
Dani Rodrik erklärt seit Jahren, dass Demokratie, nationale Souveränität und wirtschaftliche Globalisierung nicht gleichzeitig möglich sind. Wie will er das Trilemma beenden?
Die Zielkonflikte sind inzwischen offensichtlich
Unermüdlich publiziert der türkischstämmige Harvard-Professor seit Ende der 1990er Jahre, dass Demokratie, nationale Selbstbestimmung und weltwirtschaftliche Integration nicht gleichzeitig zu haben seien[1]: Funktionierende Märkte benötigten öffentliche Institutionen und Regulierungen. Diese Regeln variierten aber von Land zu Land – man denke an die soziale Sicherung. Dahinter steckten unterschiedliche Präferenzen der Bevölkerung, die sich im demokratischen Prozess ausdrückten. Wolle man die wirtschaftliche Globalisierung maximal vorantreiben, müsse man entweder die Demokratie aufgeben, oder die nationale Selbstbestimmung. Jedenfalls seien dann weltweite Regeln notwendig.
Spätestens seit dem Streit um die Freihandelsabkommen TTIP und CETA ist klar, was Rodrik meint: Man kann nationale Besonderheiten z.B. zugunsten einheitlicher Verbraucherstandards aufgeben, muss dann aber mit erheblichen Widerständen in der Bevölkerung rechnen, die sich demokratische Teilhabe wünscht und an ihren Traditionen hängt. Oder man verzichtet eben auf eine stärkere internationale Wirtschaftsintegration.
Rodriks Empfehlung: Schlaue statt maximale Globalisierung
Spätestens seit dem Brexit-Votum ist die Zeit des 57-Jährige gekommen – Rodrik gibt Interviews am laufenden Band. Darin plädiert der Politikwissenschaftler und Ökonom dafür, bestehende Regeln besser zu legitimieren und damit glaubwürdiger zu machen. Dies sei wichtiger, als die Regulierungsunterschiede immer weiter abzubauen und verbleibende Handelshemmnisse zu beseitigen. „Ich denke, wir werden künftig weniger Globalisierung haben.“, lautet seine aktuelle Prognose[2]. Die von ihm als „Hyperglobalisierung“ bezeichnete weltwirtschaftliche Integration hält er schon lange für einen Irrweg: Die nationalen Präferenzen seien einfach zu unterschiedlich, um weltweite Regeln demokratisch legitimieren zu können. Weniger und dafür bessere internationale Regeln ließen den nationalen Regierungen mehr Spielraum und brächten die Weltwirtschaft dadurch auf eine sicherere und gesündere Basis[3].
Quellen:
[1] Z.B. Dani Rodrik, “The Globalization Paradox. Why Global Markets, States, and Democracy Can’t Coexist”, Oxford 2011, u.a. S. xviii f., auf die sich auch die Ausführungen des Absatzes beziehen. Ähnlich z.B. schon 1997 “Has Globalization Gone Too Far?” oder 2007 “One Economics, Many Recipes: Globalization, Institutions, and Economic Growth”.
[2] Z.B. Astrid Dörner, “Harvard-Professor Dani Rodrik – ‘Wir werden weniger Globalisierung haben’ “, Handelsblatt vom 15.9.2016, http://www.handelsblatt.com/my/politik/konjunktur/nachrichten/harvard-professor-dani-rodrik-wir-werden-weniger-globalisierung-haben/14551242.html?ticket=ST-405120-EIA2IHTf5aZnXKJBFf6h-ap2 (Abruf: 18.1.2017).
[3] Z.B. Dani Rodrik, “The Globalization Paradox”, a.a.O., S. xix.