Britta Kuhn
Phuong Xuan Ngan Buis Bachelor Thesis analysiert den neuen Club of Rome-Bericht [1]
Ein Prozent Wirtschaftswachstum in Industrieländern reicht, findet der Club of Rome in seinem Bericht von 2016. Aber gilt das z.B. auch für China?
Klimawandel und soziale Ungleichheit im Fokus[2]
Schon seit 1972 kritisiert der Club of Rome den westlichen Wachstumsfetisch[3]. Jorgen Randers war von Anfang an dabei – dieser Blog besprach seine Aktualisierung „2052. Eine globale Prognose für die nächsten 40 Jahre“ aus dem Jahr 2012[4]. Randers aktuellen Club of Rome-Bericht – Koautor ist Graeme Maxton – fasst die Abschlussarbeit zusammen. Sie konzentriert sich dabei auf die Thesen zur sozialen Ungleichheit und zum Klimawandel. Im Kern sieht der Club of Rome die „Trickle-Down-Theorie“ seit 1980 als gescheitert an. (Nach dieser Theorie verbessert Wirtschaftswachstum auf Dauer auch die Lebensverhältnisse armer Bevölkerungsschichten.) Nur in Ländern mit Reichensteuern und umfangreichen Sozialmaßnahmen habe sich die Kluft zwischen Arm und Reich verringert. In ökologischer Hinsicht sei es bereits zum „Overshoot“ gekommen. (Das heißt zum Beispiel, dass Luft und Wasser von Umweltschäden gereinigt werden müssen.) Insgesamt schlägt der Club of Rome 13 konkreten Maßnahmen vor, z.B. eine kürzere Jahresarbeitszeit (Nr. 1) oder einen beschränkten Außenhandel (Nr. 11). Die Thesis vertieft zwei Umweltsteuern, die auch die Einkommensverteilung angleichen sollen: Die „Besteuerung fossiler Brennstoffe und faire Verteilung der Erlöse auf alle Bürger“ (Nr. 7) wäre eine CO2-Steuer, von deren Einnahmen jeder Bürger den selben Anteil erhalten soll. Hierbei unterstellen die Autoren, dass reiche Menschen mehr CO2 produzieren bzw. CO2-reichere Produkte kaufen. Die „Verlagerung der Einkommensbesteuerung auf die Besteuerung von Emissionen und Rohstoffverbrauch“ (Nr. 8) soll Arbeitskräfte finanziell entlasten. Das Steueraufkommen soll u.a. die Folgen der Umweltverschmutzung beseitigen.
Suffizienz für China?[5]
Der Club of Rome richtet sich traditionell an Industrieländer[6]. Steigen dort die Umweltsteuern, wie es der aktuelle Bericht vorschlägt, verbessert sich einerseits die Effizienz. Teilweise verlagert sich die Produktion aber auch in weniger regulierte Schwellen- und Entwicklungsländer. Dies war schon in der Vergangenheit zu beobachten. Die weltweiten Emissionen und Rohstoffverbrauche könnten dann sogar steigen. Auch Suffizienz ist möglicherweise eher ein Thema für reife Industrienationen als für aufstrebende Volkswirtschaften wie China. Hier nahmen zwar Ungleichverteilung und Umweltverschmutzung, gemessen als Gini-Koffizient und CO2-Ausstoß pro Kopf, seit den 1980er Jahren deutlich zu. Allerdings vermutet die Umwelt-Kuznets-Kurve, dass mit weiter steigendem BIP die Umweltschäden wieder absolut zurückgehen werden. Unter diesen Umständen wäre die Beschränkung Chinas auf 1% Wachstum zumindest aus ökologischer Sicht kontraproduktiv.
Fazit[7]
Riesige Volkswirtschaften wie China, aber auch Indien, sind keine OECD-Mitglieder. Beim Internationalen Währungsfonds laufen sie in der Kategorie „Schwellen-und Entwicklungsländer“. Der Club of Rome sollte deshalb mindestens die globalen Auswirkungen seiner Vorschläge analysieren. Noch besser überlegt er direkt, wie weltweite ökologische und soziale Ziele verwirklicht werden könnten. Eine Konzentration auf traditionelle „Industrieländer“ reicht längst nicht mehr.
[1] Phuong Xuan Ngan Bui, „Suffizienz statt Wirtschaftswachstum als Lösung für den Klimawandel und die soziale Ungleichheit? “, Bachelor Thesis, Wiesbaden Business School der Hochschule RheinMain, 9.3.2017.
[2] Soweit nicht anders angegeben: Phuong Xuan Ngan Bui, a.a.O., Kap. 3-4, v.a. S. 5 („Trickle-Down-Theorie“), S. 7 (Reichensteuern etc.), S. 8 („Ökologischer Overshoot“, S. 9 (13 Maßnahmen), S. 10 (Maßnahme 7) und S. 11 (Maßnahme 8). Grundlage dieser Kap. 3-4 ist das neue Buch von Jorgen Randers und Graeme Maxton, „Ein Prozent ist genug. Mit wenig Wachstum soziale Ungleichheit, Arbeitslosigkeit und Klimawandel bekämpfen“ (Club of Rome), München 2016.
[3] Details: Phuong Xuan Ngan Bui, a.a.O., Kapitel 1.
[4] https://besser-wachsen.com/2012/11/10/club-of-rome-2012-ziemlich-optimistisch/#more-467.
[5] Soweit nicht anders angegeben: Phuong Xuan Ngan Bui, a.a.O., Kap. 5.2-5.5, v.a. S. 14 (Umweltsteuern), S. 16 und 19 (Suffizienz i.V.m. China) und S. 15 (Kuznets-Kurve).
[6] Vgl. auch Phuong Xuan Ngan Bui, a.a.O., z.B. S. 1.
[7] OECD- und IWF-Hinweis sowie Werturteil von Britta Kuhn.