Eswar Prasad: The Future of Money

Britta Kuhn

Prasad hat richtig Ahnung. Der Währungsexperte arbeitet nicht nur seit Jahren über US-Dollar und chinesischen Renminbi (CNY), sondern kennt sich daneben mit Kryptowährungen und Fintechs aus. Sein jüngstes Buch The Future of Money liest sich auch auszugsweise hervorragend.[1]

Breite und Tiefe in Einem

Prasad stammt aus Indien, arbeitete von 1990 bis 2006 beim Internationalen Währungsfonds und lehrt seit 2007 an der renommierten Cornell Universität. Sein aktuelles Werk erklärt von der Pike auf, wie die digitale Revolution das globale Währungs- und Finanzsystem verändern dürfte. Teil I legt geld- und finanztheoretische Grundlagen. Teil II behandelt die aktuellen Finanz-Innovationen: Inwiefern verbessern Fintechs die Welt? Prasad bildet hier deren gesamte Produktpalette ab und verdeutlicht, wie wichtig technologiebasierte Finanzdienstleistungen insbesondere für Entwicklungs- und Schwellenländer sind. Danach widmet er sich Bitcoins im Besonderen und der Blockchain im Allgemeinen. Anschließend geht es um Stablecoins und die grundsätzlichen technischen Varianten der Blockchain-Technologie sowie des dezentralisierten Finanzwesens (DeFi), die sich bisher etabliert haben. Der dritte Buchteil befasst sich mit Zentralbanken: Digitales Zentralbankgeld ließe sich technisch und organisatorisch vielfältig ausgestalten. Prasad erläutert hier, was wirklich neu, gut und schlecht an Central Bank Digital Currencies (CBDC) wäre. Daneben verdeutlicht er deren unterschiedliche Entwicklung von Land zu Land. Teil IV zieht Konsequenzen: Werden Kryptowährungen oder der E-Yuan den US-Dollar im Internationale Währungssystem ersetzen? Könnten Fintechs den internationalen Zahlungsverkehr erneuern? Oder dürften weitere Länder Chinas Beispiel folgen und Bitcoins verbieten? Entsteht vielleicht sogar demnächst eine internationale staatliche Digitalwährung? Wird die digitale Transformation eine neue Ära der Geldpolitik und Finanzmarktregulierung einläuten? Das Schlusskapitel präsentiert die wichtigsten Änderungen, mit denen Prasad rechnet: Mehr Wettbewerb zwischen privaten und staatlichen Währungen; mehr Desintermediation zugunsten von Fintechs und zulasten traditioneller Geschäftsbanken; mehr grenzüberschreitende Transaktionen und eine Demokratisierung des Finanzsystems. Nur die Notenbanken blieben, was sie seit dem 20. Jahrhundert sind: Zentral.

Für verschiedene Zielgruppen lesenswert

The Future of Money bietet jedem etwas. Wer sich zum Beispiel für Kryptowährungen interessiert, dürfte in den Kapiteln 3 bis 5 viel lernen. Wer über Zentralbankgeld arbeitet, hat mehr von Kapitel 6 und 7. Zwar sind einige Ausführungen alles andere als neu, von eher anekdotischem Interesse oder zu weit hergeholt.[2] Auch fehlen dem Buch Zusammenfassungen. Dafür entschädigt aber die inhaltliche Tiefe der Analyse, etwa wenn es um verschiedene Formen des digitalen Zentralbankgeldes geht. Auch die zahlreichen Länder- und Firmenbeispiele lassen wohltuend vielseitig erkennen, dass der Digitalisierungsschub die ganze Welt betrifft: Hier nämlich nimmt ein US-Buch der Volks- und Finanzwirtschaftslehre zahllose Schwellenländer in den Blick. Für Verständnis und Abwechslung sorgen daneben die Abbildungen. Umfassende, einschlägige und aktuelle Anmerkungen sowie Literaturhinweise untermauern den wissenschaftlichen Anspruch des Werks.

Beispiel Renminbi

Mich persönlich haben die Renminbi-Abschnitte am meisten interessiert. Schon 2014 belegte nämlich Prasads Buch The Dollar Trap, dass der Beinahe-Kollaps des Finanzsystems in den Jahren 2008 und 2009 den US-Dollar nur noch dominanter gemacht habe. Von seiner häufig beschworenen Verdrängung als weltweite Leitwährung könne keine Rede sein. 2016 folgte Gaining Currency: In diesem Buch stand die chinesische Währung im Mittelpunkt. Ihr Potenzial werde überbewertet, vor allem sei der RMB kein sicherer Hafen. Er werde die Vorherrschaft des US-Dollars verringern, aber nicht ernsthaft in Frage stellen. Prasad analysiert aber auch tiefschürfend, welches Potenzial der E-Yuan hat und was es mit Chinas SWIFT-Alternative CIPS auf sich hat.[3] Alles ziemlich wichtig, aber hierzulande ziemlich unbekannt.


Quellen:

[1] Eswar S. Prasad, The Future of Money. How the Digital Revolution Is Transforming Currencies and Finance, The Belknap Press of Harvard University Press, 2021. Vgl. auch die längere Buchbesprechung: Britta Kuhn, Rundreise durch die neue digitale Finanzwelt. Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen (2022) 75(4), S. 214.

[2] Nicht neu: Z.B. die generelle Erläuterung der Blockchain in Kapitel 4. Anekdotisch: Z.B. Prasads persönlicher Weg zum indischen Führerschein in Kapitel 6. Zu weit hergeholt: Z.B. Kapitel 9, das die allgemein veränderte Geldpolitik und Finanzmarktregulierung seit der Finanzkrise beschreibt.

[3] Vgl. zum E-Yuan und zu CIPS auf diesem Blog: https://besser-wachsen.com/2022/04/01/china-fuhrt-e-yuan-ein/bzw. https://besser-wachsen.com/2022/06/24/swift-alternative-cips/#more-2273. Oder die jeweiligen Langfassungen (Britta Kuhn, E-Yuan: China führt bald digitales Zentralbankgeld ein. Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen (2022) 75(3) vom 1.2.2022, S. 154-158 bzw. Britta Kuhn, Clearing-Systeme: Chinas CIPS als ernsthafte Alternative zu SWIFT? die bank 05/2022, S. 14-19.)

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